Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Abrechnung von ambulanten Operationen nach AOP-Vertrag. keine Vergütung als vorstationäre Behandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Leistungen im Zusammenhang mit einer ambulanten Operation nach § 115b SGB 5, die entsprechend dem Regelfall gemäß der Anlage zum AOP-Vertrag ambulant durchgeführt wurden, sind nach dem AOP-Vertrag abzurechnen.
2. Sofern im jeweiligen Einzelfall für das Erfordernis einer stationären Behandlung kein Anhaltspunkt besteht und auch keine stationäre Behandlung stattfand, scheidet eine Vergütung auf der Grundlage von § 115a SGB 5 aus.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18. Oktober 2010 insoweit aufgehoben, dass dort eine Verurteilung über einen Betrag von 119,82 Euro hinaus ausgesprochen ist und die Klage insoweit abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 231,61 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt in A-Stadt eine Herz- und Gefäßklinik mit Handchirurgie. Im Jahr 2005 verfügte sie über 81 Betten. Nach den Informationen auf der website der Klägerin wurden dort in der handchirurgischen Klinik im Jahr 2011 insgesamt 20.205 Patienten behandelt, davon 14.884 ambulant und 5.128 stationär.
Zwischen den Beteiligten gilt der Vertrag nach § 115 b Abs. 1 SGB V - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag), hier anzuwenden in der vom Bundesschiedsamt in der Sitzung am 18.03.2005 festgesetzten Fassung.
Der AOP-Vertrag regelt einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. Abgeschlossen wurde er von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen. Er soll dazu dienen, einheitliche Rahmenbedingungen zur Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe im niedergelassenen Bereich und im Krankenhaus zu schaffen und die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhäusern zu fördern. Er zielt darauf ab, auf der Basis des § 39 SGB V zur Vermeidung nicht notwendiger vollstationärer Krankenhausbehandlung eine patientengerechte und wirtschaftliche Versorgung zu sichern und die Kooperation zwischen niedergelassenem Bereich und Krankenhausbereich zu verbessern, einschließlich der gemeinsamen Nutzung von Operationskapazitäten im Krankenhaus. (vgl. AOP-Vertrag in der vom Bundes-schiedsamt in der Sitzung am 18.03.2005 festgesetzten Fassung, "Grundsätze").
Er regelt in § 2 Abs. 1 den Zugang der Patienten zu Eingriffen:
"Eingriffe gemäß § 115 b SGB V sollen in der Regel auf Veranlassung eines niedergelassenen Vertragsarztes unter Verwendung eines Überweisungsscheins durchgeführt werden. (...) Der für den Eingriff gemäß § 115 b SGB V verantwortliche Arzt entscheidet über Art und Umfang des ambulanten Eingriffs."
§ 2 Abs. 2 bestimmt, dass aus dem als Anlage 1 zu § 3 des Vertrages beigefügten "Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe" nicht die Verpflichtung hergeleitet werden kann, dass die dort aufgeführten Eingriffe ausschließlich ambulant zu erbringen sind. Der Arzt ist verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Art und Schwere des beabsichtigten Eingriffs unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Patienten die ambulante Durchführung der Operation nach den Regeln der ärztlichen Kunst mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erlauben. Zugleich muss sich der verantwortliche Arzt vergewissern und dafür Sorge tragen, dass der Patient nach Entlassung aus der unmittelbaren Betreuung des operierenden Arztes auch im häuslichen Bereich sowohl ärztlich als gegebenenfalls auch pflegerisch angemessen versorgt wird. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.
§ 3 legt fest, welche Operationen und Eingriffe ambulant bzw. stationsersetzend durchgeführt werden können:
(1) In der Anlage 1 sind abschließend die Leistungen aufgeführt, die Operationen und stationsersetzende Eingriffe gemäß § 115 b SGB V darstellen.
(2) Eingriffe gemäß § 115 b SGB V, die in der Regel ambulant erbracht werden sollen, sind in der Anlage 1 gesondert gekennzeichnet. Bei Vorliegen bzw. Erfüllung der Kriterien der allgemeinen Tatbestände gemäß § 3 Abs. 3 des Vertrages kann jedoch eine stationäre Durchführung dieser Eingriffe erforderlich sein.
(3) Allgemeine Tatbestände, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung der in der Regel ambulant durchzuführenden Leistungen erforderlich sein kann, sind die Kriterien A, B, D, E und F gemäß Anlage 2 zu den gemeinsamen Empfehlungen zum Prüfverfahren nach § 17 c KHG in der gültigen Fassung vom 15.04.2004. Die Vertragspartner prüfen bei Änderungen der Kriterien bzw. der Anlage 2 zu den Gemeinsamen Empfehlungen zum Prüfverfahren nach § 17 c KHG deren Anwendbarkeit im Zusammenhang mit Leistungen nach § 115 b SGB V und entscheiden über der...