Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Annahme eines außergerichtlichen Vergleichs ohne Erledigungserklärung. Leistungsminderung bei einer Fibromyalgie. Verweisung einer Industriekauffrau auf eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
2. Wird ein außergerichtliches Vergleichsangebot angenommen, ohne dazu eine Erledigungserklärung abzugeben, kann darin ein Vergleichsbeurkundungsersuchen liegen.
Orientierungssatz
1. Die Diagnose Fibromyalgie allein führt nicht automatisch zu einer Leistungsminderung, dafür müssen zwingend auch entsprechende Funktionseinschränkungen bestehen.
2. Eine Industriekauffrau kann zumutbar auf eine Tätigkeit als Registratorin nach Entgeltgruppe III TVöD im öffentlichen Dienst verwiesen werden. Die Vergütungsgruppe erfasst angelernte Tätigkeiten, so dass damit eine grundsätzliche Verweisbarkeit auf diese Tätigkeiten für einen Fachangestellten besteht (BSG, 27. November 1991, 5 RJ 91/89, BSG, 12. September 1991, 5 RJ 34/90, BSG, 29. Mai 1980, 5 RJ 138/79).
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Oktober 2008 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 13. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2004 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin unter Annahme eines Leistungsfalles im Januar 2010 volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer ab dem 1. Februar 2010 zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die notwendigen Auslagen der Klägerin hat die Beklagte zur Hälfte zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zunächst um die Wirksamkeit eines Vergleichs, der per Fax vom 20.01 2011 angenommen worden ist. Ursprünglich streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin erlernte den Beruf einer Industriekauffrau. Zuletzt war sie bis 2000 in der Firma ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Danach machte sie sich in der Computerbranche selbstständig. Dabei habe sie nur kaufmännische Dinge erledigt, da ihr technische Kenntnisse fehlen würden. Diese Tätigkeit habe sie bis 2002 ausgeübt, danach habe sie das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Sie beantragte am 09.07.2003 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag begründete sie damit, dass sie wegen cervicaler Bandscheibenvorfälle nur mehr in der Lage sei, einer leichten Bürotätigkeit 2-3 Std. täglich nachzugehen. Seit dem 25.03.2002 sei sie arbeitsunfähig erkrankt.
Vor der Antragstellung befand sich die Klägerin in einer teilstationären Rehabilitationseinrichtung, die der Klägerin noch ein mehr als sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen als Industriekauffrau attestierte. Im Verwaltungsverfahren wurde die Klägerin am 03.09.2003 von Dr. S., Orthopäde, begutachtet. Er kam zu dem Ergebnis, dass aus orthopädischer Sicht eine Tätigkeit als Industriekauffrau für ca. 6 -12 Monate nur mehr 3-6 Stunden zumutbar sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aber noch mehr als 6 Stunden täglich möglich seien. Die Beratungsärztin der Beklagten teilte die Auffassung von Dr. S. hinsichtlich des Leistungsvermögens als Industriekauffrau nicht. Sie beurteilte dieses als mehr als sechsstündig.
Deshalb wurde mit Bescheid vom 13.11.2003 der Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung legte sie ärztliche Befundberichte vor. Aufgrund der neuen Unterlagen erfolgte am 04.02.2004 eine Begutachtung durch Dr. T., Nervenärztin. Die Gutachterin war der Meinung, dass die Klägerin sowohl als kaufmännische Angestellte als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten könne, soweit qualitative Einschränkungen berücksichtigt würden.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 05.04.2004 den Widerspruch zurück.
Mit ihrer am 03.05.2004 zum Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Vor der Klageerhebung befand sie sich vom 08.04.2004 bis 29.04.2004 in der Fachklinik für Rehabilitation im Rheuma- und Orthopädiezentrum in Bad A.. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig, wobei bei fortgesetzter Rehabilitation und Therapie die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit gesehen wird. Im Entlassungsbericht wurde hinsichtlich der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung als Geschäftsführerin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen angegeben.
Das Sozialgericht setzte das Verfahren zunächst aus, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rente noch geklärt werden müssten. Nach der Fortsetzung des Verfahrens wurde der Sachverständige Dr. H., Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. H. stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
3. chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom, zurzeit ohne eindeutige radikulär...