nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit. Nichtannahme einer vom Arbeitsamt angebotenen Beschäftigung. Grundsätze für die Vermittlung von Arbeitslosen. Unzumutbarkeit der Arbeit. Betriebliches Direktionsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Empfänger von Arbeitslosenhilfe erfüllt die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen, wenn er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt angebotene Beschäftigung ohne wichtigen Grund nicht annimmt oder antritt.

2. Der Arbeitslose darf eine vom Arbeitsamt angebotene Beschäftigung bei einem Zeitarbeitunternehmen auch dann nicht ablehnen, wenn er keine Berufserfahrung in Zeitarbeitunternehmen besitzt. Er muss lediglich über die nötige Gewandtheit im schriftlichen Ausdruck verfügen. Auch wenn der Arbeitslose sich selbst nicht für geeignet hält, muss er es dem Arbeitgeber überlassen, was dieser üblicherweise von einem an der Arbeitsaufnahme interessierten Arbeitnehmer erwartet und wie er die Eignung eines Bewerbers prüfen will.

 

Normenkette

SGB III § 144 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, § 121 i.V.m., § 198 S. 2 Nr. 6, § 196 Abs. 1, § 35 Abs. 2 S.2; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 4 i.V.m.; SGB III § 330 Abs. 3; SGB X § 50 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 08.05.2002; Aktenzeichen S 34 AL 342/99)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.04.2004; Aktenzeichen B 11 AL 43/04 B)

 

Tenor

I. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts München vom 8. Mai 2002 werden zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind der Eintritt einer Sperrzeit und das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig.

I.

Der 1963 geborene Kläger hat nach dem Besuch eines Gymnasiums 1989 ein Studium der Betriebwirtschaftslehre an der Universität M. als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Vom 01.09.1989 bis 31.05.1990 war er freiberuflich als Finanzberater bei einer Investmentbank tätig. Danach war er als Diplom-Kaufmann bei einem Unternehmen für Arbeitnehmerüberlassung (02.01. bis 31.01.1991), als Revisionsassistent (02.04. bis 31.12.1991) und als Angestellter beim Arbeitsamt M. beschäftigt (27.05. bis 31.12.1993). Mit einer Unterbrechung vom 17.01. bis 31.03.1994 (Beschäftigung als Verwaltungsangestellter im Klinikum I. in M.) bezog der Kläger bei der Beklagten ab 01.01.1994 Arbeitslosengeld, im Anschluss daran Alhi ab 15.11.1994, zuletzt nach einem Bemessungsentgelt von 910,- DM wöchentlich und einem Leistungssatz in Höhe von 285,81 DM je Woche (Bewilligungsabschnitt vom 01.01.1998 bis 31.12.1998).

Mit Schreiben vom 14.12.1998 bot die Beklagte dem Kläger eine Arbeit als Bürokraft bei dem Unternehmen A. in München an. Das Schreiben enthielt folgende Rechtsfolgenbelehrung:

Wenn Sie ohne wichtigen Grund - die Ihnen umseitig angebotene Arbeit nicht annehmen oder nicht antreten, - das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch Ihr Verhalten verhindern (z.B. indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB III). Sie dauert regelmäßig 12 Wochen. Würde diese Dauer für Sie eine unbillige Härte bedeuten, umfasst die Sperrzeit 6 Wochen. Ist die angebotene Arbeit auf bis zu 6 Wochen befristet, beträgt die Dauer der Sperrzeit 3 Wochen. Während der Sperrzeit ruht Ihr Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Eingliederungshilfe); Leistungen werden nicht gezahlt. Die Anspruchsdauer vermindert sich um die Tage der Sperrzeit (dies gilt nicht für Arbeitslosenhilfe im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld).

Der Kläger stellte sich dort nicht vor und begründete dies in einem Schreiben vom 29.12.1998 an das Arbeitsamt mit seiner mangelnden Berufserfahrung; für Unternehmen der Zeitarbeit sei er nicht der geeignete Arbeitnehmer, er gelte als überqualifizierter Akademiker. Mit Bescheid vom 28.01.1999 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 30.12.1998 bis 23.03. 1999 fest, hob die Bewilligung von Alhi für diesen Zeitraum auf und verlangte für die Zeit vom 30. bis 31.12.1998 gezahlte Leistungen in Höhe von 81,66 DM zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: Die angebotene Arbeit sei zumutbar gewesen, weil die erste Zeit der Arbeitslosigkeit vorüber sei und die Beschäftigung der nunmehr zumutbaren Qualifikationsstufe entspreche. Des Weiteren entspreche das vorgesehene Arbeitsentgelt der tariflichen Regelung oder sei ortsüblich. Auch liege das Netto-Arbeitsentgelt nicht unter der zuletzt gewährten Alhi.

Ferner erteilte die Beklagte folgende Rechtsfolgenbelehrung: "Bitte beachten Sie, dass ihr gegenwärtiger Anspruch auf Leistungen vollständig erlischt, wenn sie nach Entstehen des Anspruches auf Arbeitslosengeld Anlass zum Eintritt von mehreren Sperrzeiten mit einer Dauer von zusammengerechnet mindestens 24 Wochen gegeben und über den Eintritt der einzelnen Sperrzeit jeweils einen schriftlichen Bescheid erhal...

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