Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. MdE. Unfallfolge. Funktionseinschränkung

 

Leitsatz (amtlich)

Ohne Nachweis einer ausgeprägten Funktionsstörung ist nach Sprunggelenksverletzung eine höhere unfallbedingte MdE als 10 v. H. nicht zu begründen.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2009 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 8. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2006 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente über den 31. Dezember 2005 hinaus.

Der 1986 geborene Kläger (und Berufungsbeklagte) erlitt am 16. Juli 2004 auf dem Heimweg von der Berufsschule eine komplizierte Unterschenkel- und Calcaneus-Fraktur rechts mit Compartment-Syndrom, die am Unfalltag im C. operativ versorgt wurde. Bei der Entlassung nach stationärer Behandlung vom 16. Juli bis 2. August 2004 berichtete der Chefarzt Privatdozent Dr. B., der prae- und postoperative Verlauf habe sich komplikationslos gestaltet. Der Kläger habe nur wenig Schmerzen. Während des stationären Aufenthaltes vom 25. Januar bis 27. Januar 2005 erfolgte die Metallentfernung.

Die Chirurgen Prof. Dr. B. und Dr. K. führten im Gutachten vom 3. Juni 2005 unter Berücksichtigung eines Kernspintomogramms vom 3. Juni 2005 aus, es bestünden noch glaubhafte Beschwerden im Bereich des Sprunggelenkes. Die Beweglichkeit im unteren und oberen Sprunggelenk sei nur endgradig eingeschränkt mit minimaler Muskelverschmächtigung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde bis 9. Februar 2005 mit 100 v.H., bis 2. Juni 2005 mit 30 v.H. und vom 3. Juni 2005 bis 31. Dezember 2005 mit 20 v.H. eingeschätzt. Danach werde sie voraussichtlich noch 15 v.H. betragen.

Der Beklagte (und Berufungskläger) erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an und gewährte mit Bescheid vom 8. Juli 2005 Rente in Form einer Gesamtvergütung nach einer MdE um 30 v.H. bis 2. Juni 2005 und um 20 v.H. bis 31. Dezember 2005.

Im Gutachten vom 2. Juni 2006 führten Prof. Dr. B. und Dr. K. unter Berücksichtigung eines Kernspintomogramms vom 6. April 2006 aus, es bestünden noch glaubhafte Beschwerden. Die Fraktur sei in achsengerechter Stellung verheilt. Die Muskulatur sei symmetrisch, die Fußsohlenbeschwielung seitengleich mäßig ausgeprägt. Auch die Beweglichkeit beider Sprunggelenke sei nahezu seitengleich. Hockstellung und Hackengang würden problemlos ausgeführt. Hinweise für eine posttraumatische Arthrose ergäben sich nicht. Die MdE werde bis auf weiteres mit 20 v.H. eingeschätzt.

Der beratende Arzt des Beklagten, der Chirurg Dr. B., führte in der Stellungnahme vom 13. Juli 2006 aus, bei praktisch freier Beweglichkeit, kaum nennenswerten muskulären Dauerschonungszeichen, seitengleicher Sohlenbeschwielung, fehlenden arthrotischen Veränderungen sowie fehlenden neurologischen Ausfallerscheinungen rechtfertigten die sicher noch vorhandenen Beschwerden eine MdE um 20 v.H. nicht mehr. Die MdE sei mit 10 v.H. einzuschätzen.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. August 2006 die Gewährung einer Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraumes ab. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 zurück.

Im Klageverfahren wurde ein Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 19. Februar 2007 beigezogen. Der Kläger sei seit dem 13. März 2006 in seiner Behandlung, zuletzt sei er am 21. April 2006 behandelt worden. Er klage über Schmerzen im Sprunggelenk. Die Bänder seien stabil und frei beweglich, der Röntgenbefund sei unauffällig, die Unterschenkelfraktur gut verheilt. Beigezogen wurde weiter ein Bericht von Dr. B. für die H. Versicherungs-AG vom 18. Mai 2006. Es bestünden noch belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen infolge eines Verschleißschadens im Fußwurzelgelenk sowie eingeschränkte Belastbarkeit des verletzten Beines. Eine Verschmächtigung der Beinmuskulatur liege nicht vor. Der Ein-Bein-Stand sei beidseits sicher möglich, die Hockstellung werde vollständig erreicht. Der Unterschenkelbruch sei in anatomiegerechter Stellung knöchern homogen ausgeheilt. Der Kalksalzgehalt sei regelrecht. Eine Kernspintomographie vom 19. Juni 2007 zeigte eine osteochondrale Läsion an der Calcaneus-Gelenkfläche und eine beginnende Arthrose, die im Vergleich zu April 2006 etwas progredient sei.

Der vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. G. führte im Gutachten vom 27. September 2007 aus, das obere Sprunggelenk sei im Seitenvergleich nur geringgradig in der Beweglichkeit eingeschränkt, auch am unteren Sprunggelenk zeigten sich leichte Bewegungseinschränkungen. Die posttraumatische Arthrosebildung führe zu einer nachvollziehbaren schmerzbedingten Beeinträchtigung der Belastungsfähigkeit beim Gehen. Eine MdE um 20 v.H. erscheine daher gerechtfertigt.

Der Beklagte übersandte eine Stellungnahme des Chirurgen Dr. L. vom 28. Dez...

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