Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit: Berufsschutz bei Aufgabe einer Facharbeitertätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
Ein Versicherter hat keinen Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI, wenn die Aufgabe der Tätigkeit als gelernter Schreiner, die grundsätzlich einen Facharbeiterschutz im Sinne der zweiten Stufe des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) nach sich ziehen würde (BSG, 24. März 1983, 1 RA 15/82), nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.03.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund des Antrags vom 04.09.2008 hat.
Der 1958 geborene Kläger hat von September 1973 bis August 1976 eine Lehre zum Schreiner erfolgreich absolviert und war anschließend bis März 1978 auch in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.04.1978 bis 30.06.1979 war er bei der Bundeswehr. Nach seinen eigenen Angaben übte der Kläger anschließend verschiedene Tätigkeiten aus, nämlich:
- von 1979 - 03/1981 Dachdecker
- von 04/1981 - 03/1985 Lagerarbeiter
- von 04/1985 - 09/1985 arbeitslos
- von 10/1985 - 08/1987 Färber
- von 09/1987 - 08/1989 Drucker
- von 09/1989 - 08/1994 selbständiger Textilwerbehersteller
- von 09/1994 - 05/1997 Näher und Zuschneider in Vollzeit
- von 06/1997 - 06/2000 Näher und Zuschneider in Teilzeit und Erziehungsurlaub
- von 07/2000 - 10/2001 Näher und Zuschneider
- von 11/2001 - 08/2003 arbeitslos
- von 09/2003 bis Ende 2004 Busfahrer,
anschließend eine geringfügige Tätigkeit als Kraftfahrer und Bezug von Leistungen der Arbeitsförderung.
Ein im Jahr 2004 gestellter Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente wurde mit Bescheid vom 25.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.11.2004 bestandskräftig abgelehnt.
Am 29.08.2008 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente unter Vorlage eines Attestes seines Hausarztes Dr. C. vom 26.08.2008. Die Beklagte holte zunächst ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. G. ein, die am 23.09.2008 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Busfahrer nur noch unter 3 Stunden täglich verrichten könne, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien jedoch bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen hinsichtlich des Bewegungsapparates und der Lungenerkrankung noch mindestens 6stündig zumutbar. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.09.2008 lehnte die Beklagte daraufhin eine Rentengewährung ab.
Aufgrund des hiergegen am 06.10.2008 vom Kläger eingelegten Widerspruchs holte die Beklagte ein internistisches Gutachten von Dr. K. ein, die am 14.11.2008 bei den Diagnosen
- vorbeschriebene COPD sowie anamnestische Lungen-Tbc linker Oberlappen in den 70er Jahren,
- Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Übergewichtigkeit,
- vorbeschriebenes Schlafapnoesyndrom
zu dem Ergebnis gelangte, dass aus rein internistischer Sicht die Tätigkeit eines Busfahrers nicht mehr zumutbar sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch mindestens 6 Stunden täglich möglich seien.
Des Weiteren holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. R. ein, der am 16.12.2008 bei den Diagnosen
- Abnutzung und Fehlstellung an BWS und LWS, vorbefundlich Z.n. Morbus Scheuermann der BWS, zum Untersuchungszeitpunkt geringfügige Funktionseinbuße ohne eindeutige Zeichen einer Nervenwurzelreizung,
- anamnestisch wiederkehrendes HWS-Schulter-Arm-Syndrom bei nur geringen Verschleißzeichen, zum Untersuchungszeitpunkt allenfalls geringfügige Funktionseinbuße der HWS, freie Beweglichkeit der Schultergelenke,
- Überlastung des Achsorganes und der tragenden Gelenke durch Übergewicht,
- Fußfehlstatik,
- Ansatztendinose am rechten Ellenbogengelenk
zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger sowohl die Tätigkeit als Busfahrer als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten könne, wenn auch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Schließlich holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F. ein, die am 16.12.2008 feststellte, dass dem Kläger die Tätigkeit als Busfahrer nicht mehr zuzumuten sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Es liege eine depressive Verstimmung mit Neigung zum Weinen im Rahmen einer Anpassungsstörung vor, die jedoch nicht adäquat behandelt werde. Aufgrund der Multimorbidität des Klägers liege allerdings eine erhebliche Gefährdung des Restleistungsvermögens vor, so dass die Durchführung eines psychosomatischen Heilverfahrens empfohlen werde.
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