Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarverteilungsmaßstab. Zustandekommen. Herstellung des erforderlichen Benehmens mit den Verbänden der Krankenkassen. Honorarbegrenzung wegen übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis bei Abrechnung von rationalisierungsfähigen Laborleistungen. kein Verstoß der Anl 5 des bayerischen HVM gegen Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Das zum Zustandekommen eines Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) erforderliche Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen (§ 368f Abs 1 S 3 RVO aF, § 85 Abs 4 S 2 SGB 5) ist dann hergestellt, wenn diesen Verbänden Gelegenheit gegeben wurde, sich zur Zweckmäßigkeit und den Auswirkungen der beabsichtigten Regelungen zu äußern. Insoweit handelt es sich nur um eine mehr formal ausgestaltete Mitwirkung ohne inhaltliche Durchsetzungsrechte.
2. Eine Laborärztin unterliegt auch dann einer Honorarbegrenzung wegen übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis, wenn sie rationalisierungsfähige Laborleistungen zur Abrechnung bringt.
3. Die Anl 5 zum bayerischen HVM vom 20.6.1986 verstößt nicht gegen Art 3 und Art 12 GG.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Honorarkürzung wegen übermäßiger Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit.
Die Klägerin war bis 31.12.1987 in eigener Praxis als Laborärztin in A niedergelassen und zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sowie an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Zum 01.01.1988 ist sie in eine Gemeinschaftspraxis eingetreten.
Mit Honorarbescheid vom 10.04.1987 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für ihre kassen- und vertragsärztliche Tätigkeit für das Quartal IV/86 fest und kürzte das von der Klägerin angeforderte Honorar wegen einer übermäßigen Ausdehnung ihrer kassenärztlichen Tätigkeit um 28.213,24 DM. Der dem Honorarbescheid beigefügten Anlage zum Verrechnungskonto ist zu entnehmen, daß die Klägerin ein Primärkassenhonorar (ambulant) von 644.400,76 DM für 8.736 Primärkassenfälle angefordert hatte. Die Gesamtfallzahl (also einschließlich der Ersatzkassenfälle) betrug 16.001. Die Beklagte errechnete aus dem Primärkassenfallwert von 73,76 DM ein fiktives Gesamthonorar von 1.180.234,- DM. Das tatsächlich angeforderte Gesamthonorar (Primär- und Ersatzkassenbereich) betrug 1.300.472,07 DM. Der niedrigere fiktive Wert wurde nunmehr dem für das Quartal IV/86 geltenden Grenzwert für Laboratoriumsmedizin von 944.698,- DM gegenübergestellt und aus der Grenzwertüberschreitung von 235.536,- DM setzte die Beklagte unter Anwendung der in der Anlage 5 zum Bayer. Honorarverteilungsmaßstab (HVM) vorgesehenen entsprechend der Höhe der Überschreitung differenziert gestaffelten Kürzung einen Kürzungsbetrag von 28.213,24 DM fest.
Den von der Klägerin dagegen eingelegten Widerspruch wertete die Beklagte auch als Antrag auf Anerkennung eines Sondertatbestandes gemäß Abschnitt D der Anlage 5 zum Bayer. HVM, den sie mit Bescheid vom 04.06.1987 ablehnte. Die Klägerin legte auch gegen den Bescheid vom 04.06.1987 Widerspruch ein.
Mit den Widerspruchsbescheiden vom 28.10.1987 wies die Beklagte sowohl den Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 10.04.1987 wie auch den gegen den Bescheid vom 04.06.1987 zurück.
Die von der Klägerin dagegen erhobenen Klagen gingen am 10.12.1987 beim SG München ein. Zur Begründung dieser Klagen trugen die Klägerbevollmächtigten vor, die Beklagte habe zu Unrecht eine Honorarkürzung wegen übermäßiger Ausdehnung der kassenärztlichen Praxis vorgenommen, da die Klägerin als Laborärztin im rationalisierungsfähigen Teil der kassenärztlichen Tätigkeit arbeite. Die Tätigkeit der Klägerin sei in einem Bereich anzusiedeln, der nicht unter dem sogenannten ärztlichen Vorbehalt stehe. Die Klägerin befinde sich praktisch in einem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen, die - wie übrigens alle anderen, nicht im Bereich der KV Bayerns angesiedelten Laborärzte - nicht der Abstaffelung unterlägen und sich deshalb in einer wesentlich günstigeren Situation befänden. Ein Eingriff in den freien Wettbewerb sei aber nur dann notwendig und erlaubt, wenn er aus rein medizinischer Indikation geboten sei, was nicht der Fall sei. Für den Laborbereich sei ein unmittelbarer persönlicher Einsatz des Arztes nur noch in ganz geringem Umfang geboten. Der Einsatz von computergesteuerten Laboranalysegeräten erlaube eine Vervielfachung der Laboruntersuchungen durch den Arzt, ohne daß dadurch eine qualitative Beeinträchtigung der erbrachten Leistungen eintrete.
Mit Beschluß vom 09.02.1989 verband das Sozialgericht die beiden Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und wies mit Urteil vom 08.03.1989 die Klagen ab. Das Sozialgericht ging davon aus, daß die Klägerin im Quartal IV/86 als Laborärztin in einer Gemeinschaftspraxis in A tätig gewesen sei. In den Entscheidungsgründen kam das Sozialgericht zu dem Ergebnis, die Zuständigkeit der 32. Kammer sei aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes des Sozialgerichts München gegeben. Der Fall gehöre nicht zur Zuständigkeit der 33. Kammer, obwohl die Klagen der übr...