Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarverteilungsmaßstab. Honorarkürzung. Praxisbesonderheit. Gebot der Gleichbehandlung. Laborarzt. Arztgruppe. übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Assistenten und angestellten Ärzten
Orientierungssatz
1. Praxisbesonderheiten, die in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren eine besondere Rolle spielen, sind bei der Überprüfung von Honorarkürzungsentscheidungen aufgrund eines Honorarverteilungsmaßstabes grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl BSG vom 30.3.1983 - 6 RKa 29/82 = SozR 2200 § 368f Nr 9).
2. Das Gebot der Gleichbehandlung ist nur dann verletzt, wenn bei Bildung von Arztgruppen und/oder Punktzahlengrenzwerten aufgrund typisierender Betrachtung Unterschiede getroffen oder unterlassen werden, die einen sachlichen Grund nicht erkennen lassen.
3. Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen ihres Honorarverteilungsmaßstabes alle Laborärzte, ungeachtet ihres Leistungsspektrums, in einer Gruppe zusammengefaßt hat.
4. Die Beschäftigung eines Assistenten kann bei der Feststellung einer übermäßigen Ausdehnung nicht berücksichtigt werden. Die Tätigkeit eines angestellten Arztes iS des § 95 Abs 9 SGB 5 muß ein Honorarverteilungsmaßstab jedoch berücksichtigen.
Tatbestand
Streitig sind Kürzungen der vom Kläger angeforderten Honorare für die Quartale 1/1993 und 2/1993 über insgesamt 745.296,04 DM wegen übermäßiger Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Die Kläger nehmen als Ärzte für Laboratoriumsmedizin seit dem 01.10.1991 in Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Als Assistent war in diesen Quartalen Prof. Dr. H... "zwecks Ableistung der Vorbereitungszeit" bei ihnen beschäftigt (Bescheid der Beklagten vom 10.12.1992). Eine inzwischen bestandskräftige Genehmigung zur Beschäftigung des Prof. Dr. H... als angestellter Arzt im Sinn des § 95 Abs. 9 SGB V hat der Zulassungsausschuß den Klägern ab dem 1.7.1993 erteilt (siehe dazu S 9 (10) Ka 173/94 SG Dortmund).
Die Abrechnungswerte der Kläger stellen sich wie folgt dar:
Fallzahlen41.558
43.104
Punkte 43.278.328
45.504.822
Punktzahlengrenzwert12.633.000
12.633.000
Fallzahlengrenzwert14.900
14.900
Mit Bescheiden vom 15.07.1993 und 15.10.1993 setzte die Beklagte Kürzungen von 339.797.52 DM und 405.498,52 DM fest.
Die Widersprüche der Kläger wurden mit Beschlüssen vom 01.09.1993 (1/1993) und 9.3.1994 (2/1993) zurückgewiesen. Die Beschäftigung von Assistenten könne nicht berücksichtigt werden, denn § 4 Abs. 5 HVM besage eindeutig, daß bei Gemeinschaftspraxen die Grenzwerte nur mit der Zahl der in der Gemeinschaftspraxis tätigen Vertragsärzte multipliziert werden dürfen. Die Beschäftigung eines Assistenten dürfe nicht zur Leistungsausweitung führen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage haben die Kläger vorgetragen, Prof. Dr. H... sei seit 1.1.1993 als angestellter Arzt in ihrer Praxis tätig. Zumindest hätte ihnen die Genehmigung für seine Beschäftigung als angestellter Arzt ab Antragstellung und damit ab dem 1.4.1994 erteilt werden müssen. Insoweit seien die Honorarkürzungen zu Unrecht erfolgt. Im übrigen berücksichtige § 4 HVM nicht, daß Laborärzte nur oder im wesentlichen nur auf Überweisung tätig werden. Die Aufträge könnten grundsätzlich nicht zurückgewiesen werden. Eine Steuerung sei daher kaum möglich. Ohnehin sei ein Laborarzt verpflichtet, die ihm übersandten Blutproben sofort zu bearbeiten. Differenzierungen nach Leistungsbereichen oder dahin, ob Notfälle vorliegen, seien nicht möglich. Zugesandte Proben müßten bearbeitet werden, eine spätere Verwendung sei ausgeschlossen.
Die Kläger haben beantragt,
den Honorarbescheid vom 15.7.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.8.1993 sowie den Honorarbescheid vom 15.10.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.3.1994 aufzuheben, soweit dadurch das Honorar der Kläger für 1/93 und 2/93 aufgrund einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit gekürzt worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat dargelegt, daß die Tätigkeit eines Assistenten bei der Feststellung, ob eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit vorliege, nicht berücksichtigt werden dürfe. Dies folge unmittelbar aus § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV. Soweit § 4 Abs. 5 Satz 2 HVM vorsehe, daß dem Praxisinhaber für die Tätigkeit eines angestellten Arzte (§ 32 b Ärzte-ZV) zusätzlich ein weiteres Punktzahlen- und Fallzahlenkontingent zugestanden werde, beruhe dies darauf, daß nach den gesetzlichen Vorgaben der angestellte Arzt dem Praxisinhaber insoweit gleichgestellt sei. Im übrigen gehe der HVM davon aus, daß bei einer übermäßigen Ausdehnung der Kassenpraxis nicht mehr die Gewähr gegeben sei, daß sich jeder Arzt seinen Patienten in dem Maße zuwenden könne, wie es die ihm aufgegebene persönliche Leistungserbringung erfordere. Es sei kein Grund dafür erkennbar, daß dies nicht auch für Laborärzte gelte.
Das Sozialgericht Dortmund hat d...