Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Abweg. Handlungstendenz. Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums. Einkauf im Supermarkt. Unfall auf dem Supermarktparkplatz
Orientierungssatz
Bei einem Einschub eines zusätzlichen Weges in die eigentliche Wegstrecke bzw auf einem so genannten Abweg wird die eigenwirtschaftliche Handlungstendenz eines Versicherten nicht erst beim Verlassen des Fahrzeuges, sondern bereits beim Verlassen des Straßenbereiches objektiv erkennbar. Das Ende der Unterbrechung ist erst wieder anzunehmen, wenn der Versicherte den Bereich des den Weg der Tätigkeit darstellenden öffentlichen Verkehrsraumes wieder erreicht hat und den Weg mit der Handlungstendenz fortsetzt, nach Hause oder zum Ort der Tätigkeit zu gelangen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.11.2005 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 28.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2005 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall (Wegeunfall).
Der 1969 geborene Kläger ist als Maschinenschlosser beschäftigt. Am 14.07.2004 fuhr er mit einem Motorroller von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte. Auf dem Weg dorthin legte er einen Zwischenhalt ein, um in einem Supermarkt eine Packung Äpfel zu kaufen. Hierzu fuhr er von der Straße herunter und stellte seinen Motorroller auf dem Parkplatz des Supermarktes ab. Nach dem Verlassen des Supermarktes setzte er seine Fahrt fort. Noch auf dem Parkplatz des Supermarktes kollidierte er mit einem rückwärts aus einer Parkbucht zurücksetzenden PKW. Hierbei zog sich der Kläger eine Kontusion des linken Sprunggelenks mit Innenknöchelfraktur und Komplikationswunde zu.
Mit Bescheid vom 28.07.2004 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls ab. Der Kläger habe sich nicht auf dem direkten Weg zur Arbeitsstätte befunden sondern aus privaten Gründen den Parkplatz aufgesucht.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass der Unfall dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliege. Der Einkauf der Äpfel habe der Erhaltung seiner Arbeitskraft gedient. Damit habe zum Unfallzeitpunkt eine betriebsbezogene Handlungstendenz bestanden. Im Übrigen habe er vor dem Unfall die Fahrt zur Arbeitsstätte wieder aufgenommen, so dass vor dem Unfall der Versicherungsschutz wieder aufgelebt sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2005 zurück. Bei der Besorgung der Lebensmittel vor Arbeitsbeginn habe es sich um eine bloße Vorbereitungshandlung gehandelt, die dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sei. Der Versicherungsschutz habe spätestens mit Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes geendet und sei erst mit Betreten des selben wieder aufgelebt.
Zur Begründung der beim Sozialgericht (SG) Würzburg erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, dass der Einkauf betrieblichen Zwecken gedient habe. Es könne bei der Bewertung des inneren Zusammenhanges mit der versicherten Tätigkeit auch keinen Unterschied machen, ob die Besorgung einer Pausenverpflegung während der Arbeitspause oder vor Arbeitsbeginn im Zuge eines äußerst geringfügigen Abweichens vom direkten Weg zur Arbeitsstätte getätigt werde.
Mit Urteil vom 23.11.2005 hat das SG die Beklagte verurteilt, das Unfallereignis vom 14.07.2004 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Die Beklagte sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Besorgung der Äpfel als eigenwirtschaftliche Verrichtung anzusehen sei. Allerdings sei der Versicherungsschutz nur solange unterbrochen gewesen, bis der Kläger die Fahrt zur Arbeitsstätte wieder aufgenommen habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in dem Urteil vom 09.12.2003 ausgeführt, dass bei Unterbrechung einer Fahrt zu oder von der Arbeitsstätte für eine private Verrichtung der Versicherungsschutz mit dem Verlassen des Fahrzeuges unterbrochen werde und mit der Fortsetzung der Fahrt wieder auflebe. Sobald der Versicherte mit dem Ziel, die Arbeitsstätte zu erreichen, das Fahrzeug wieder betrete, werde die betriebliche bzw. die auf die Fortsetzung des Weges zum Betrieb gerichtete Handlungstendenz erkennbar. Hieraus ergebe sich, dass zum Unfallzeitpunkt der Versicherungsschutz wieder bestanden habe, da der Kläger mit Besteigen des Motorrollers nach Erledigung der privaten Besorgung nach außen erkennbar seine Handlungstendenz wieder aufgenommen habe, den Weg zur betrieblichen Tätigkeit fortzusetzen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Der Versicherungsschutz des Klägers sei solange unterbrochen gewesen, bis dieser den Parkplatz wieder verlassen und damit den üblichen Weg wieder erreicht habe. Den Ausführungen des BSG in der angeführten Entscheidung sei eine Ausweitung des Versicherungsschutzes, wie es das SG angenommen ...