Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsausfüllende Kausalität. psychische Gesundheitsstörung. Posttraumatische Belastungsstörung. somatoforme Schmerzstörung
Leitsatz (amtlich)
Der Unfallbegriff umfasst auch psychische Gesundheitsstörungen als unmittelbare Reaktion auf ein äußeres Ereignis.
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer Posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls mangels Nachweises einer akuten Überlastungsreaktion in den ersten zwei Jahren nach dem Unfall und mangels Vorliegens konkreter Symptome (angstbezogenes Vermeidungsverhalten, vegetative Störungen).
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Unfallfolgen und Rente.
Die 1971 geborene Klägerin erlitt am 01.06.1995 einen Verkehrsunfall. Die Erstbehandlung erfolgte am Unfalltag im Kreiskrankenhaus D.. Der Chirurg Dr. S. diagnostizierte eine Sternumprellung, Nasenprellung, Prellung der rechten Augenbraue und einen Unfallschock. Die Röntgenuntersuchung erbrachte keine Hinweise auf knöcherne Verletzungen.
Die Betriebskrankenkasse der B. AG teilte der Beklagten 1998 mit, die Klägerin sei seit 08.09.1997 wegen eines schweren Wirbelsäulensyndroms arbeitsunfähig. Die Ermittlungen ergaben Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Cephalgie und HWS-Syndrom seit 1990. Ein Feststellungsverfahren von Unfallfolgen fand nicht statt.
Mit Schreiben vom 19.11.2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung von Leistungsansprüchen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 01.06.1995. Am 11.07.2001 wurde ein MRT der Halswirbelsäule (HWS) durchgeführt. Es fand sich im Vergleich zur Voraufnahme am 21.11.1996 weiterhin kein Nachweis einer pathologisch posttraumatischen Läsion des Myelon. Die AOK Bayern bestätigte Arbeitsunfähigkeitszeit vom 11.06. bis 16.06.1990 wegen eines HWS-Schleudertraumas.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Prof. Dr. B., Unfallklinik M., ein chirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage, des Weiteren Dr. E. ein radiologisches Zusatzgutachten und der Neurologe und Psychiater Dr. N. ein nervenärztliches Zusatzgutachten. In dem Hauptgutachten vom 18.07.2003 stellte Prof. Dr. B. als unfallbedingte Gesundheitsschäden einen Zustand nach HWS-Distorsion, Sternumprellung und Schädelprellung fest, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter 20 v.H. zu bewerten seien. Dr. N. führt in seinem Zusatzgutachten vom 25.06.2003 aus, die Klägerin habe sich bei dem Unfall eine HWS-Zerrung und eine Prellung des Brustkorbes zugezogen. Unfallunabhängig bestünden Spannungskopfschmerzen. Im Auftrag der Beklagten wurde ein HNO-fachärztliches Gutachten durch Dr. G. am 13.11.2003 erstellt. Als Folgezustand bestünden zeitweise Ohrgeräusche, die als nicht wesentlich störend empfunden würden, am Untersuchungstag nicht vorhanden und daher keinem Frequenzbereich zuzuordnen seien. Weiterhin bestünden zeitweise Gleichgewichtsstörungen in Form eines Unsicherheitsgefühls beim Gehen. Diese träten jedoch nur selten auf und könnten nicht objektiviert werden. Des Weiteren stelle die Klägerin ein zeitweise dumpfes Gefühl auf beiden Ohren fest. Die MdE betrage 5 v.H.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2003 die geltend gemachten Beschwerden im Bereich der HWS sowie die Konzentrationsschwierigkeiten und das Schwindelgefühl mit Gangunsicherheit als Folge des Unfalls vom 01.06.1995 ab. Ein Anspruch auf Rente wurde ebenfalls abgelehnt.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Es bestünden seit dem Unfallereignis vom 01.06.1995 eine erhebliche Wetterfühligkeit, ständige Kopfschmerzattacken sowie Schmerzzustände an beiden Schultergelenken bis zur Mitte des Rückens. Es lägen eine stärkergradige Bewegungseinschränkung an der HWS vor und Sensibilitätsstörungen am linken Arm, an der linken Hand und am linken Bein. Vor dem Unfallereignis hätten diese Gesundheitsstörungen nicht vorgelegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen legte die Klägerin am 29.06.2004 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) ein. Das SG holte diverse Befunde, u.a. auch der Univ. Klinik B-Stadt, Schmerzambulanz ein. Es ernannte den Arzt für Chirurgie Dr. M. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser kam in seinem Gutachten vom 13.09.2006 zum Ergebnis, die Klägerin habe bei dem Unfall eine leichtgradige HWS-Distorsion erlitten. Diese sei innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos ausgeheilt gewesen. Auffallend sei, dass die Krankenkassenauszüge bis August 1997 keine weiteren Einträge über Behandlungen wegen einer Wirbelsäulensymptomatik enthielten. Auch die Befunde des Hausarztes zeigten für die ersten zwei Jahre nach dem Unfall einen blanden Verlauf. Die Unfallfolgen seien deshalb folgenlos ausgeheilt.
Auf Antrag der Klägerin erstellte der Orthopäde Dr. S., Bad A., am 0...