nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Bayreuth (Entscheidung vom 29.06.2000; Aktenzeichen S 4 RJ 289/00)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.06.2000 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer Waisenrente wegen Gebrechlichkeit aus der Versicherung des Ö. C. (geboren 1948, verstorben 06.08.1983) und primär um die Einhaltung der Frist für die Erhebung der Klage.

Mit Bescheid vom 19.10.1983 bewilligte die Beklagte dem am 1966 geborenen Kläger Vollwaisenrente, die mit Vollendung des 18. Lebensjahres (zum 31.08.1984) weggefallen ist. Den Antrag des Klägers vom 22.06.1988, ihm wegen Gebrechlichkeit (auf Grund einer Poliomyelitis am rechten Bein) die Waisenrente über das 18. Lebensjahr hinaus zu gewähren, lehnte die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 28.11.1988 ab.

Am 26.09.1996 beantragte der Kläger wiederum die Gewährung von Waisenrente wegen Gebrechlichkeit (über den 31.08.1984 hinaus) bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Nachdem der Ärztliche Dienst der Beklagten (in Auswertung einer vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 06.12.1996) das Vorliegen von Gebrechlichkeit verneint hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.02.1997 die Weitergewährung der Waisenrente ab. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 07.08.1997 (mit dem der Widerspruch wegen Versäumung der einmonatigen Anfechtungsfrist als unzulässig zurückgewiesen wurde) erhob der Kläger am 19.09.1997 Klage beim Sozialgericht Bayreuth (S 11 RJ 943/97). Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 08.11.1999 den angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgehoben und der Klage in dem Sinne stattgegeben, dass die Beklagte wegen Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung (über eine Widerspruchsfrist von einem statt drei Monaten) den Widerspruch neu (sachlich) zu bescheiden habe. Die Beklagte erließ ohne weitere Ermittlungen den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 05.01.2000, der dem Kläger am 11.01.2000 zugestellt wurde.

Dagegen hat der Kläger am 20.04.2000 erneut Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 29.06.2000 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klageschrift sei erst am 20.04.2000 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten beim SG eingegangen.

Mit der am 11.08.2000 beim BayLSG eingegangenen Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, wegen seines Wohnsitzes in der Türkei gelte für ihn eine einjährige Klagefrist; er bitte deshalb um Weiterführung des Rechtsstreits.

Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß,

das Urteil des SG Bayreuth vom 29.06.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2000 zu verurteilen, ihm vom frühestmöglichen Zeitpunkt an Waisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 29.06.2000 zurückzuweisen.

Sie ist in Übereinstimmung mit dem SG der Auffassung, dass die Klage verspätet erhoben wurde.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die frühere Klageakte des SG Bayreuth S 11 RJ 943/97 vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes = SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

In der Sache ist das Rechtsmittel des Klägers nicht begründet, weil die Klage durch das angefochtene Urteil zu Recht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen wurde. Die Erhebung der Klage innerhalb der gesetzlichen Notfrist ist Prozessvoraussetzung, deren Einhaltung auch im Berufungsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist. Das SG ist zu Recht davon ausgegangen, dass es die im streitbefangenen Ausgangsbescheid vom 21.02.1997 getroffene (von der Beklagten zuletzt durch den Widerspruchsbescheid vom 05.01.2000 sachlich bestätigte) Regelung (wonach dem Kläger über den 31.08.1984 hinaus kein Anspruch auf Waisenrente zusteht) seiner Entscheidung ungeprüft als richtig zu Grunde legen musste. Das folgt aus § 77 SGG, wonach Verwaltungsakte in der Sache bindend werden, wenn sie nicht oder nicht rechtzeitig angefochten und deshalb formell bestandskräftig geworden sind. Der Kläger hat (nach dem Inhalt des rechtskräftigen Gerichtsbescheids vom 08.11.1999 - S 11 RJ 943/97 ) gegen den genannten Rentenablehnungsbescheid zwar rechtzeitig (innerhalb eines Jahres) Widerspruch eingelegt; nach Abschluss des verwaltungsbehördlichen Vorverfahrens (hier durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 0...

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