rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Augsburg (Entscheidung vom 20.05.1999; Aktenzeichen S 1 RJ 313/98)

 

Tenor

I. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.05.1999 und der Bescheid der Beklagten vom 13.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.10.1995 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die bisher gezahlten Renten nach Maßgabe des § 44 SGB X unter Anwendung der bis zum 31.12.1991 geltenden Rechtsvorschriften und unter Anrechnung der Ersatzzeiten gemäß § 1251 Abs.1 Nr.3 RVO über den 30.11.1956 hinaus bis zum Zuzug neu zu berechnen. II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte verpflichtet ist, in einem Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Altersrente der Klägerin nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) und damit unter Anrechnung einer Ersatzzeit nach § 1251 Abs.3 Nr.1 RVO über den 30.11.1956 hinaus bis zum Zuzug am 11.07.1987 neu zu berechnen.

Die am ...1925 geborene Klägerin war im September 1941 als deutsche Volkszugehörige aus der europäischen UdSSR nach Kasachstan verbracht worden, wo sie nach ihren Angaben beim Rentenantrag von Oktober 1941 bis Januar 1943 als Melkerin, von Januar 1943 bis Oktober 1948 als Waldarbeiterin, von Dezember 1949 bis Oktober 1953 als Arbeiterin bei einer Eisenbahngesellschaft und von April 1955 bis September 1977 als Näherin beschäftigt gewesen ist. Ab 20.11.1980 hat sie in der UdSSR Rente bezogen. In den Zwischenzeiten war sie als Hausfrau tätig. Am 11.07.1987 ist die Klägerin, die den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge A besitzt, in die Bundesrepublik übersiedelt. Auf ihren Antrag vom 22.07.1987 gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15.02.1988 Altersruhegeld nach § 1248 Abs.3 RVO ab 11.07.1987 unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 31.12.1985. Die Beklagte berücksichtigte bei dem Altersruhegeld Beitragszeiten nach § 15 FRG, gekürzt auf fünf Sechstel nach § 19 Abs.2 FRG entsprechend der durch Zeugenaussagen und dem Arbeitsbuch nachgewiesenen Beschäftigungszeiten zwischen 1943 und 1978. Die Zeit von November 1962 bis Dezember 1977 wurde ungekürzt angerechnet. Daneben sind beitragslose Zeiten der Schwangerschaft und der Krankheit sowie Ersatzzeiten für Vertreibung und Kindererziehung berücksichtigt. Nach Vorlage einer vom Landesversorgungsamt Bayern am 15.09. 1988 ausgestellten Heimkehrerbescheinigung im Februar 1989, wonach die Klägerin im September 1941 interniert und im Oktober 1956 aus der Internierung entlassen wurde, stellte die Beklagte das Altersruhegeld ab 11.07.1987 mit Bescheid vom 07.04.1989 unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten nach § 1251 Abs.1 Nr.2 RVO für die beitragsfreien Zeiten während des Zeitraums von September 1941 bis Oktober 1956 neu fest. Am 05.09.1994 beantragte der Klägerbevollmächtigte der Klägerin eine Neufeststellung der Leistungsansprüche der Klägerin im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, insbesondere unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit nach § 1251 Abs.1 Nr.3 RVO vom 01.11.1956 bis 30.06.1987, soweit keine Pflichtbeiträge angerechnet sind. Er machte geltend, dass die Heimkehrerbescheinigung bereits bei Erteilung des Bescheides vom 07.04.1989 Bestandteil der Verwaltungsakten gewesen sei. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.04.1987 (Az.: 5a RKn 13/86) sei bei den aus den Vorkriegssiedlungsgebieten verbannten Deutschen aus Russland die Zeit von der Entlassung aus der Internierung bis zur Ausreise als Ersatzzeit nach § 1251 Abs.1 Nr.3 RVO anzuerkennen. Des Weiteren trug er vor, dass der Versicherungsfall auf den Monat vor dem Umzug zu verlegen sei, da dies für die Berechtigte günstiger sei. Mit Bescheid vom 13.03.1995 stellte die Beklagte die Altersrente für die Zeit ab 01.01.1990 neu fest. Die Beklagte berechnete die Rente nach den Vorschriften des SGB VI neu und berücksichtigte eine zusätzliche Ersatzzeit vom 01.11. bis 30.11.1956 sowie eine FRG-Beitragszeit vom 20.11.1941 bis 31.12.1942. Für die Zeit der Neufeststellung ab 01.01.1990 errechnete sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 3.393,06 DM, der an die Klägerin ausbezahlt wurde. Gegen diesen Bescheid richtet sich der am 13.04.1995 eingelegte Widerspruch. Die Klägerin machte geltend, die Rentenansprüche seien nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Rechtsvorschriften neu festzustellen. Diese Vorschriften seien aufgrund eines bestehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anzuwenden, und damit sei eine Ersatzzeit über den 31.12.1956 hinaus bis zum Zuzug in die Bundesrepublik zu berücksichtigen. Aufgrund der bei der Beklagten vorliegenden Unterlagen hätte diese bereits zum Zeitpunkt der Erstfeststellung der Rentenansprüche der Klägerin die Rente in der richtigen Höhe festsetzen können. Die sich aus der fehlerhaften Rechtsanwendung entstehenden Nachteile für die Kläger...

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