Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. September 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch der Berufung zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Beendigung der freiwilligen Versicherung des Klägers.

Der 1943 geborene Kläger war nach seinen Angaben früher von Beruf Wirtschaftsberater; er bezieht mittlerweile eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Im Jahr 1993 wurde er an einem Gehirntumor im Klinikum N. operiert. Im November/Dezember 1996 kam es zu einer Verschlechterung des Befundes. Nach Auskunft des Bezirkskrankenhauses A. war der Gehirntumor wieder gewachsen und hatte einen Aufstau und eine Komprimierung der Arteria vertebralis verursacht. Es wurde der Verdacht geäußert, dass die psychischen Veränderungen des Klägers im Rahmen des erneuten Wachstums des Gehirntumors aufgetreten seien. In den Jahren 1996 und 1997 wurde der Kläger durch einen größeren Waffenkauf in der Tschechei, Weggabe von Wohnungseinrichtung, Ladendiebstahl und Morddrohungen auffällig.

Mit dem handschriftlich verfertigten Schreiben vom 23.12.1996 teilte er der Beklagten mit, dass er wegen Nichtgewährung einer Kur und unzureichender ärztlicher Behandlung die Mitgliedschaft kündige.

Das für das Amtsgericht N. (Vormundschaftsgericht) erstattete nervenärztliche Gutachten des Sozialpsychiatrischen Dienstes am Gesundheitsamt N. vom 05.02.1997 (Gutachterin Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M.) berichtete aufgrund eines Hausbesuchs Ende Januar 1997 von einer Wesensänderung und fehlenden Krankheitseinsicht des Klägers mit der Diagnose hirnorganisches Psychosyndrom. Die Gutachterin schlug eine Betreuung und die Verfügung der Einweisung vor.

Das Amtsgericht N. bestellte am 07.03.1997 die Stadt N. zum Betreuer für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Der Kläger wurde dann am 10.03.1997 im Bezirkskrankenhaus A. untergebracht. Die Stadt N. und der Bezirk Mittelfranken teilten der Beklagten mit, dass die Kündigung des Klägers wegen fehlender Geschäftsfähigkeit unwirksam gewesen sei (Schreiben vom 12.03. 1997, 25.03.1997, 10.04.1997 und 22.04.1997). Die freiwillige Versicherung des Klägers sei ab 01.03.1997 weiterzuführen.

Die Neurologin und Psychiaterin Dr. M. (Sozialpsychiatrischer Dienst Gesundheitsamt N.) hielt in der Bescheinigung vom 16.04.1997 den Kläger im Zeitpunkt der Kündigung nicht für geschäftsfähig. Diese Auffassung äußerten auch der Stationsarzt Dr. M. (Bezirkskrankenhaus A.) und der bereichsleitende Arzt Dr. L. (Bezirkskrankenhaus A.) am 17.04.1997 und 30.04.1997. Der Kläger wurde vom 15.05. bis 20.06.1997 im Klinikum der A.-Universität F. (Neurochirurgische Universitätsklinik) mittels Radiochirurgie an einem ausgedehnten petroclivalen Meningeom operiert; es kam anschließend zu rückläufigen Raumforderungszeichen gegenüber dem Hirnstamm.

Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 13.06.1997 wurde der Aufgabenkreis des Betreuers auch auf die Regelung finanzieller Angelegenheiten und die Vertretung bei Ämtern und Behörden erweitert.

Im von der Beklagten beigezogenen Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. M. (Sozialpsychiatrischer Dienst Gesundheitsamt N.) vom 15.07.1997 wird von einer Betreuungsbedürftigkeit für sämtliche Aufgabenkreise auf Dauer berichtet.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 25.09.1997 der Stadt N. mit, die Mitgliedschaft habe wegen der Kündigung am 28.02.1997 geendet; die Kündigung hätte durch die mit Beschluss vom 10.02.1997 bestellte Verfahrenspflegerin widerrufen werden können. Die Stadt N. erwiderte am 07.10.1997, die Verfahrenspflegerin hätte im Februar 1997 keine Kenntnis von der Kündigung der Krankenversicherung gehabt; die Verfahrenspflegerin selbst entgegnete, dass sie lediglich für die Vertretung des Klägers im Betreuungsverfahren bestellt worden und nicht berechtigt gewesen sei, die Kündigung zu widerrufen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.11.1997 die Fortführung der freiwilligen Krankenversicherung über den 28.02.1997 hinaus ab; eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers sei nicht nachgewiesen. Hiergegen legte der neue Betreuer Widerspruch ein. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Geschäftsunfähigkeit des Klägers durch gutachtliche Stellungnahme belegt.

Im fachärztlichen Gutachten von Dr. M. vom 07.01.1998 wird von einem gebesserten Allgemeinzustand und auch psychischen Zustand des Klägers berichtet. Die Gutachterin stellte die Diagnose abklingendes hirnorganisches Psychosyndrom bei Rezidiv eines Schädelbasismeningeoms; eine Betreuung des Klägers durch die Ehefrau und speziell für die Krankenversicherung durch Rechtsanwalt K. sei weiterhin geboten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.1998 den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Betreuer des Klägers beim Sozialgericht Nürnberg (SG) am 21.07.1998 Klage erhoben. Das SG hat ärztliche Unterlagen des praktischen Arztes Dr. W. beigezogen.

Das Sozialamt der Stad...

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