Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996. Vermeidung Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB 2. Ermittlung der Bedarfe nach SGB 2. Berücksichtigung der vollen Unterkunftskosten trotz Internatsunterbringung eines Kindes. temporäre Bedarfsgemeinschaft. Berechnung des Kinderzuschlages
Leitsatz (amtlich)
1. Auch beim Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist eine temporäre Bedarfsgemeinschaft der Eltern mit ihrem Kind zu berücksichtigen.
2. Hinweise zur Berechnung des Kinderzuschlags bei einer temporären Bedarfsgemeinschaft.
3. Im Übrigen ist beim Kinderzuschlag von den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auszugehen. Eine Absenkung nach § 22 Abs 1 S 3 SGB 2 findet nicht statt.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Zeit ab 01.04.2011 Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Streitig ist insbesondere, ob und in welcher Weise ihr Sohn P. zu berücksichtigen ist, der zeitweise in einem Internat und zeitweise im Haushalt der Klägerin lebt.
Die 1957 geborene Klägerin ist alleinerziehende Mutter ihrer Söhne P., geboren am 24.06.1995, und L., geboren am 26.10.1998. Sie ist halbtags erwerbstätig bei etwas schwankendem Entgelt von ca. 1.000,- Euro netto monatlich. Für L. wird Pflegegeld gewährt. Der Sohn P. ist im Rahmen einer Maßnahme der Jugendhilfe in einem Internat untergebracht, an den Wochenenden und in den Ferien lebt er im Haushalt der Klägerin.
Die Familie wohnt zur Miete. Die Grundmiete (Kaltmiete) beläuft sich auf monatlich 250,- Euro. Als Vorauszahlung auf Neben- und Heizkosten wurden zunächst 200,- Euro monatlich berücksichtigt.
Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagte der Klägerin zunächst von Oktober 2010 bis einschließlich März 2011 einen Kinderzuschlag für den Sohn L. in Höhe von 80,- Euro monatlich. Bei dieser Bewilligung wurde P. nur insoweit berücksichtigt, als der Klägerin und L. nur zwei Drittel der Unterkunftskosten zugerechnet wurden.
Auf den Weitergewährungsantrag für die Zeit ab April 2011 erließ die Beklagte den Bescheid vom 12.04.2011. Gemäß dem Tenor dieses Bescheids wurde die Bewilligung von Kinderzuschlag ab April 2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben, weil der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft durch das berücksichtigungsfähige Einkommen gedeckt sei.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Auch P. sei als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Aus vorgelegten Unterlagen ergab sich ferner, dass die Vorauszahlung auf die Nebenkosten zwischenzeitlich erhöht worden war und die Klägerin nunmehr insgesamt 550,- Euro monatlich für die Miet- und Betriebskosten bezahlte.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte stellte in die Berechnung das Erwerbseinkommen der Klägerin ein, bereinigt um Erwerbstätigenfreibetrag, Versicherungspauschale, pauschale Werbungskosten, Kosten der Fahrten zur Arbeit und Kfz-Haftpflichtversicherung. Beim Bedarf berücksichtigte sie lediglich 413,- Euro als angemessene Wohnkosten einschließlich Heizung für drei Personen und stellte zwei Drittel davon als Bedarf für die Klägerin und L. ein. Daneben wurden die Regelbedarfe von 364,- Euro und 251,- Euro sowie ein Mehrbedarf für Alleinerziehen in Höhe von 44,- Euro monatlich berücksichtigt. Der Bedarf von P. wurde wegen der Internatsunterbringung nicht anerkannt. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrem Sohn L., sei durch das berücksichtigungsfähige Einkommen (Erwerbseinkommen und 184,- Euro Kindergeld für L.) vollständig gedeckt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21.10.2011 Klage zum Sozialgericht Augsburg. P. sei weiterhin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen und außerdem seien der Berechnung die tatsächlichen Wohnkosten zugrunde zu legen. Das zuständige Jugendamt teilte mit, dass monatlich 92,- Euro des Kindergelds für P. auf das Jugendamt übergeleitet worden seien. Ein Anspruch auf anteilige Rückerstattung komme bei längeren Ferienaufenthalten von zusammenhängend mehr als sieben Tagen in Betracht. Im Jahr 2011 sei eine Rückerstattung an die Klägerin nicht erfolgt, ein entsprechender Antrag sei nicht gestellt worden.
Mit Urteil vom 13.02.2012 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des strittigen Bescheids, den Antrag auf Weitergewährung von Kinderzuschlag ab April 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Der strittige Bescheid könne trotz Bezeichnung als Aufhebungsbescheid nur als Ablehnungsbescheid ausgelegt werden.
Der Bedarf des Sohnes P. sei trotz der Internatsunterbringung zu berücksichtigen. Er gehöre gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an den Wochenenden und in den Ferien zur Bedarfsgemeinschaft. Es sei...