Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Quantitatives Leistungsvermögen. Schwere spezifische Leistungsbehinderung. Soziale Interaktion. Verweisungstätigkeit. Kommissionierer. Berufsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der vollen, hilfsweise teilweisen Erwerbsminderung eines Versicherten (hier: Gesundheitsstörungen auf dem orthopädischen und dem neurologisch/psychiatrischen Gebiet).
Normenkette
SGB VI §§ 43, 240
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.09.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1951 geborene Kläger erlernte von 01.08.1966 bis 24.06.1969 den Beruf eines Einzelhandelskaufmanns. Wegen zu geringen Verdienstes war er als Kraftfahrer, Lade- und Lagermeister schließlich von 1981 bis 1997 als Fernfahrer tätig. Von 1997 bis 2004 war er in dem von ihm gegründeten Transportunternehmen A. GmbH tätig und versicherungspflichtig als Fahrer und Geschäftsführer dieser GmbH. Nach Insolvenz folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit. Seit 2006 führt der Kläger selbständig einen Getränkevertrieb, nach eigenen Angaben in zeitlich geringem Umfang. Seit Juli 2006 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II.
Am 06.11.2006 beantragte der Kläger eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte beauftragte den Allgemeinmediziner Dr.H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser kam am 10.01.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen tätig sein. Mit Bescheid vom 15.01.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. In seinem Widerspruch gab der Kläger an, er leide unter Schmerzen, Schwindel und einem ständigen Pfeifton im Ohr, eine Erwerbstätigkeit sei ihm nicht mehr möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die dagegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, sein Leistungsvermögen lasse eine Erwerbstätigkeit nicht zu.
Das SG hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von Dr.W. eingeholt. Dieser beschreibt in seinem Gutachten vom 05.09.2007:
Chronisches Wirbelsäulensyndrom bei Fehlhaltung mit Schwindelerscheinungen,
wiederkehrende Schulterbeschwerden beidseits ohne schwerwiegende Funktionsminderung,
geringgradige Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, beginnende Kniegelenksabnutzung rechts, geringgradige Fußdeformität,
depressives Syndrom im Sinne einer Anpassungsstörung,
Ohrgeräusche, Übergewicht.
Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 20 kg, ohne Arbeiten überwiegend oder ausschließlich in Zwangshaltungen, ohne Schicht- oder Akkordarbeit verrichten.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe nicht, denn der Kläger könne noch wenigstens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen tätig sein. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, denn der Kläger habe die in abhängiger Beschäftigung ausgeübte Tätigkeit freiwillig wegen besserer Verdienstmöglichkeiten aufgegeben. Ein Berufsschutz aufgrund seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit ergebe sich nicht.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, aufgrund der Vielzahl von Erkrankungen sei nur noch ein unter dreistündiges Leistungsvermögen täglich gegeben, weiter hat er ein Attest des ihn behandelnden Hausarztes Dr.F. vom 10.07.2008 vorgelegt, wonach der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen nicht mehr in der Lage sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit nennenswerten Umfanges nachzugehen.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2007 eingeholt und den Orthopäden Dr.D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 10.08.2009 folgende Diagnosen gestellt:
Mäßige Verschleißveränderungen der Wirbelsäule mit geringfügigem Funktionsdefizit ohne neurologische Störungen,
beginnende Hüftgelenksarthrose mit geringfügigem Funktionsdefizit,
Kniegelenksarthrose rechts.
Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte und mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ggf. unter Bevorzugung der Sitzposition verrichten. Nicht möglich seien ihm Tätigkeiten im ausschließlichen Stehen, das Steigen von Leitern und Gerüsten, Heben und Tragen schwerer Lasten.
Auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Orthopäden Dr.G. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 14.12.2009 folgende Diagnosen gestellt:
Geringgradiges Funktionsdefizit im Bereich der gesamten Wirbelsäule, ohne neurolog...