nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsminderungsrente. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Anforderungen an ein Merkblatt, auf das auf der Rückseite eines Bescheids zur Ablehnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hingewiesen wird, dürfen nicht überspannt werden, weil sich die vollständige Darstellung aller möglichen Fallgestaltungen eher zur Desinformation auswachsen würde. Damit fehlt es für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an einem Fehlverhalten der Verwaltungsbehörde.

 

Normenkette

SGB VI §§ 43-44, 240 Abs. 2 S. 1, § 241 Abs. 2 S. 1, § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 197 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Landshut (Entscheidung vom 03.12.2002; Aktenzeichen S 12 RJ 1147/98 A)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 3. Dezember 2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 5. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1998 sowie gegen den Bescheid vom 4. Juni 1998 abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1941 im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger ist Angehöriger des Staates Serbien und Montenegro mit Wohnsitz in R ... Er hat in seiner Heimat von 1958 bis 1970 sowie vom 27.10.1975 bis 25.06.1990 Versicherungszeiten zurückgelegt (Formblatt JU 205 vom 21.12.1990, Formblatt JU 205 vom 11.02.1998). Dort bezieht er seit 25.06.1990 eine Invalidenrente (Formblatt JU 207 vom 17.12.1990, JU 207 vom 31.10.1997). In Deutschland war er als Bauarbeiter beschäftigt und hat gemäß Versicherungsverlaufsbescheid vom 13.06.1991 vom 28.04.1970 bis 23.10.1975 insgesamt 67 Monate Beitragszeiten zurückgelegt.

Auf den in der Heimat gestellten und von dort an die Beklagte übersandten Rentenantrag vom 25.06.1990 zog diese das ärztliche Formblattgutachten vom 17.12.1990 (JU 207) bei, wonach der Kläger wegen eines depressiven Syndroms, einer Spondyloarthrosis der HWS und der LWS sowie wegen eines Zustandes nach Schleimbeuteloperation am rechten Fuß invalid sei. Die Beklagte veranlasste eine klinisch-stationäre Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg vom 15.04.1991 bis 17.04. 1991 einschließlich apparativer Untersuchung sowie psychiatrischer Begutachtung in seiner Muttersprache durch Dr.A ... Dieser stellte mit dem Nervenarzt Dr.L. zusammenfassend lediglich ein situationsbedingtes depressives Zustandsbild ohne Krankheitswert fest, so dass der Kläger noch bis schwere Arbeiten ganztägig ausüben könne. Die Beklagte lehnte daraufhin mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.06.1991 den Rentenantrag ab, weil der Kläger weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Der Bescheid enthielt auf der Rückseite den Hinweis auf die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und auf das beigelegte Merkblatt Nr. 6.

Ein Ersuchen vom 20.01.1992 auf Gewährung von Sozialhilfe oder Rückerstattung gezahlter Rentenbeiträge erwiderte die Beklagte abschlägig mit Schreiben vom 24.02.1992. Eine nochmalige Übersendung des Formblattantrages vom 25.06.1990 unter dem 15.12. 1994 sandte die Beklagte formlos zurück.

Am 26.09.1997 beantragte der Kläger erneut über den Versicherungsträger seiner Heimat eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Das Formblattgutachten JU 207 vom 29.10.1997 wies einen akuten Herzinfarkt im August 1997 mit Bypass-Operation im Oktober 1997 auf sowie eine Spondylarthrose der Hals- und Lendenwirbelsäule, eine depressive Psychoneurosis und Bluthochdruck. Daraus und aus den beigefügten Krankheitsblättern sowie aus einem Facharztbefund des Neuropsychiaters Dr.M. vom 08.04.1998, der ein paranoid depressives Halluzinationssyndrom mit Behandlung durch Haldol vermerkte, stellte der Prüfarzt Dr.D. am 13.05.1998 ein auf Dauer unter zweistündiges Leistungsvermögen ab Herzinfarkt vom 19.08.1997 fest.

Mit Bescheid vom 05.03.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ab mit der Begründung, der Kläger erfülle nicht die maßgeblichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. In den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung seien nicht wenigstens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt. Dehnungszeiten oder Ausnahmetatbestände, insbesondere die Belegung jedes Kalendermonates ab dem 1. Januar 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten, lägen nicht vor. Unbelegt seien die Monate seit Juli 1990; eine nachträgliche Belegung sei nicht mehr möglich.

Im Widerspruch vom 10.04.1998 machte der Kläger geltend, er sei bereits 1990 mit der Verrentung in der Heimat erwerbsunfähig gewesen. Zudem habe sich sein Gesundheitszustand auf einmal verschlechtert infolge Herzinfarktes mit weiteren Folgeerkrankungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil der Kläger nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ...

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