Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Unterbrechung der Bedürftigkeit. Vermögensanrechnung. Dauer fehlender Bedürftigkeit. Vermeidung von Doppelberücksichtigungen. Sperrwirkung im Gegenseitigkeitsverhältnis von Ehegatten. Neubewilligung Arbeitslosenhilfe nach Rechtsänderung. Berücksichtigung des neu eingeführten Freibetrags für Altersvorsorgevermögen. Verwertung des überschießenden Betrages der bisher voll geschonten Lebensversicherung. besondere Härte
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bedürftigkeitsprüfung ist im Rahmen der Arbeitslosenhilfe nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt begrenzt. Die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit kann während der Dauer der Arbeitslosigkeit wegfallen oder neu eintreten, jeweils mit der Folge, dass die Änderung vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen ist. Entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Arbeitslosenhilfe beansprucht wird.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG scheidet die Heranziehung von Vermögen des Arbeitslosen, das in der Bedürftigkeitsprüfung bereits berücksichtigt worden ist bzw zu berücksichtigen gewesen wäre und das nach Ablauf der gem § 9 AlhiV errechneten Dauer fehlender Bedürftigkeit noch vorhanden ist, grundsätzlich aus. Dabei geht der Senat davon aus, dass diese Sperrwirkung grundsätzlich auch im Gegenseitigkeitsverhältnis der Ehegatten wirkt.
3. Nach Inkrafttreten des § 6 Abs 4 AlhiV idF vom 18.6.1999 ist es bei der Entscheidung über eine erneute Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 190 Abs 3 S 2 SGB 3 möglich, bislang vollständig geschontes Altersvorsorgevermögen in Höhe des den neuen Freibetrages überschreitenden Betrages bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen einer besonderen Härte durch die Vermögensverwertung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 3. März 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) im Zeitraum vom 22.05.2001 bis 31.12.2004 streitig.
Die 1944 geborene Klägerin beantragte am 30.05.2001 wegen Erschöpfung ihres Arbeitslosengeldanspruches Arbeitslosenhilfe.
Im Zeitpunkt der Antragstellung bestanden zu Gunsten der Klägerin und ihres Ehemanns ungekündigte Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von insgesamt 474.469,15 DM. Im Einzelnen wird auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) vom 22.01.2001 vom Klägerbevollmächtigten übergebene Übersicht verwiesen.
Der Ehegatte der Klägerin, der bereits in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts arbeitslos wurde, beantragte erstmals am 13.01.1997 Alhi. Mit Bescheid vom 10.03.1998 wurde dieser Antrag abgelehnt, da ein verwertbares Vermögen in Höhe von 158.544,26 DM vorlag. Laut Widerspruchsbescheid vom 11.08.1999 wurden drei Lebensversicherungen, die vor dem 60. Lebensjahr des Ehemannes der Klägerin fällig wurden in die Berechnung nach § 9 Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) aufgenommen. Das Sozialgericht Landshut (SG) wies mit Urteil vom 16.05.2002 (Az.: S 6 Al 304/99) die Klage ab. Das sich daran anschließende Berufungsverfahrens (Az.: L 8 AL 244/02) wurde am 09.10.2003 mit einem Vergleich beendet.
Mit Bescheid vom 11.06.2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Alhi vom 30.05.2001 ab. Zur Begründung führte sie aus, sie besitze zusammen mit ihrem Mann Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von insgesamt 343 257,25 DM. Dabei würden die fälligen und rückständigen Beiträge berücksichtigt. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Alterssicherung in Höhe von 1.000,- DM je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Ehegatten ergäbe sich ein Freibetrag in Höhe von 113.000,- DM (56 + 57 x 1.000,- DM). Hieraus errechne sich ein verwertbares Vermögen in Höhe von 214.257,25 DM. Unter weiterer Berücksichtigung eines Freibetrages von 16.000,- DM verblieben 198.257,25 DM. Daraus ergäbe sich ein Zeitraum von 162 Wochen in denen keine Bedürftigkeit bestehe (bei 1.220,- DM wöchentlichem Bedarf).
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 09.07.2001 (eingegangen am 10.07.2001). In der Begründung führte sie aus, alle Lebensversicherungen seien zweckgebunden für die Instandsetzung einer zum Altersruhesitz bestimmten Immobilie zu verwenden und daher Schonvermögen im Sinne von § 6 Arbeitslosenhilfeverordnung. Es handle sich um ein Haus in Holzkonstruktion vermutlich aus dem Jahr 1850. Zum Erhalt müssten Sanierungsmaßnahmen an der Bausubstanz durchgeführt werden. Der Innenausbau sei 1997 begonnen worden; die sanitären Einrichtungen seien unzulänglich. Es wurden langfristige Kredite aufgenommen die über die Lebensversicherungen abgesichert werden.
Mit Bescheid vom 10.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Danach sei eine Berufung auf § 6 Abs. 3 Nrn. 2, 3 und 7 Arbeitslosenhilfe-Verordnung nic...