Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Rückforderung irrtümlich an den Hilfeempfänger gezahlter Lehrgangskosten. Anspruch auf Aufhebung eines Erstattungsbescheides bei fehlender Anhörung
Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht kein Anspruch auf Aufhebung nach § 44 SGB X eines rechtmäßigen, nicht begünstigenden Erstattungsbescheides, der versehentlich an die Hilfeempfängerin ausgezahlte Lehrgangskosten von dieser zurückfordert.
2. Auf eine fehlende Anhörung kann die Aufhebungsentscheidung nach § 44 SGB X nicht gestützt werden, wenn die Anhörung nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X entbehrlich war.
3. Selbst dann, wenn eine Anhörung nach § 24 SGB X erforderlich gewesen wäre, bestünde kein Anspruch auf Aufhebung des dann formell rechtswidrigen Erstattungsbescheides nach § 44 SGB X, weil der Betroffene durch die Rücknahme nicht eine Rechtsposition erlangen darf, die nach materiellem Recht ausgeschlossen ist.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Rückforderung in Höhe von 3033,35 € nach § 44 SGB X.
Die Klägerin bezog seit August 2008 zusammen mit ihrer 2008 geborenen Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von mtl. insgesamt ca. 1000,- € in getrennter Trägerschaft (Regelleistungen von der Bundesagentur, Kosten der Unterkunft und Heizung vom Landkreis München).
Mit Bildungsgutschein vom 17.08.2009 erklärte sich der Rechtsvorgänger des Beklagten dazu bereit, die Kosten für eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme zur Büroassistentin zu übernehmen und die Lehrgangskosten an den Träger zu erstatten. Daraufhin schloss die Klägerin einen Schulungsvertrag mit einem Bildungsträger (im Folgenden Träger), den dieser zuvor schon am 11.08.2009 unterschrieben hatte. Unter § 8 Lehrgangskosten heißt es: "Die Lehrgangsgebühren in Höhe von Euro 3033,35 (einschließlich Lernmittel, Arbeitskleidung, Prüfungsgebühren, Prüfungsstücke) sind in monatlichen Teilbeträgen an den Bildungsträger zu überweisen. Im Falle der Förderung des Teilnehmers nach dem SGB II/III und bei entsprechender Vereinbarung mit der Agentur für Arbeit können die Gebühren durch die Agentur für Arbeit dem Bildungsträger direkt überwiesen werden." Die Maßnahme dauerte vom 21.09.2009 bis zum 18.12.2009.
Mit Bescheid vom 25.09.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin die Fahrtkosten für die Gesamtdauer der Weiterbildung in monatlichen Raten in Höhe von 130 € in Höhe von insgesamt 390 €. Es wurde weiter geregelt, dass die Kosten des Lehrgangs direkt an den Bildungsträger überwiesen würden.
Am 01.12.2009 mahnte der Träger die Lehrgangsgebühren in Höhe von 3033,35 € beim Beklagten an. Der Beklagte ordnete daraufhin mit Daueranordnung vom 03.12.2009 die Zahlung von drei Raten zu 1011,11 € bzw. 1011,13 € an den Bildungsträger an, bezeichnete diesen als Zahlungsempfänger und fügte in der Zahlungsanweisung versehentlich die Kontonummer und die Bankleitzahl der Klägerin ein.
Am 31.03.2010 mahnte der Träger erneut die Zahlung der Lehrgangsgebühren. Der Beklagte überwies diese in Höhe von 3033,35 € am 10.05.2010 daraufhin an den Träger.
Mit Erstattungsbescheid vom 03.05.2010 nach § 50 Abs. 2 SGB X forderte der Beklagte den irrtümlich überwiesenen Betrag in Höhe von 3033,35 € von der Klägerin zurück. Die Klägerin habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihr das Geld für die Lehrgangskosten zustehe. Ihr sei bekannt gewesen, dass die Überweisung an sie fehlerhaft gewesen sei. Eine vorherige Anhörung war nicht erfolgt. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin keinen Widerspruch.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15.06.2010 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Im Dezember 2009 seien 3030,30 € in mehreren Beträgen auf das Konto der Klägerin gezahlt worden. Diese habe sich gewundert und per Mail den Beklagten kontaktiert. Dieser habe darauf nicht reagiert. Nach weiteren drei Wochen des Zuwartens, habe die Klägerin mit dem überwiesenen Geld ihre Schulden abbezahlt. Sie habe weder durch Täuschung, Drohung oder anderweitige Unregelmäßigkeiten das überwiesene Geld erlangt.
Mit Bescheid vom 15.07.2010 lehnte der Beklagte eine Änderung der bisherigen Entscheidung mit der Begründung ab, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 26.07.2010 Widerspruch. Sie habe die Zahlung in mehreren Beträgen im Dezember 2009 erhalten und nach ergebnisloser Nachfrage per E-Mail beim Beklagten verbraucht. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Mail sei nicht eingegangen. Der Klägerin habe schon allein auf Grund der Verschlüsselung der Zahlung, die sie aus dem Bildungsgutschein gekannt habe, kl...