Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Kameramann. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung
Orientierungssatz
Bestimmt ein Kameramann in den Grenzen des Auftrags Ort und Zeit der Filmaufnahme sowie auch die Art und Weise der filmisch-gestalterischen Themen-Umsetzung, arbeitet er in den Einsätzen regelmäßig regisseurfrei, erfolgt die Einbindung in den Filmaufnahmebetrieb nur in untergeordnetem Umfang und verwendet er eigene Arbeitsmittel in einem Umfang von mehreren tausend Euro, so ist von dem Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.03.2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten auch des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig der Status des Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Kameramann für die Klägerin.
Die Klägerin ist eine Filmproduktionsfirma, die für Auftraggeber, zuvorderst TV-Sender, Filme/ Filmbeiträge anhand eines von diesen vorgegebenen Themas und Rahmens erstellt.
Beigeladener und Klägerin beantragten am 13.11.2014 die Feststellung des Status in der Tätigkeit als Kameramann. Beide beantragten übereinstimmend festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. In der Anlage führte der Beigeladene aus, dass die Klägerin Aufträge vermittele. Alles Weitere werde vom Beigeladenen direkt mit dem Kunden abgesprochen, wie die Umsetzung genauer Einstellungen etc. Alles liege in seiner Hand, Aufträge weltweit; die Preisgestaltung obliege ihm alleine. Er habe eigenes Equipment; das Risiko eines Drehausfalles liege bei ihm. Betriebliche Versicherungen seien abgeschlossen. Beigefügt war einen Bescheid der Künstlersozialkasse vom 23.11.2004, wonach der Beigeladene nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sei.
Auf einem entsprechenden Fragebogen führte der Beigeladene ergänzend aus, dass keinerlei schriftliche Verträge bestünden; sämtliche Aufträge würden telefonisch bzw. mündlich ausgehandelt. Es handele sich um unterschiedliche Produktionen, sowohl Sendereihen als auch Teile von Sendereihen. Zur geforderten detaillierten Tätigkeitsbeschreibung eines Drehtags wird geantwortet: Zuerst erfolge eine Besprechung mit dem Redakteur über Inhalt des Filmtags bei eigener Drehortbesichtigung, eigener Auswahl der Lokalität und eigener Auswahl der Tageszeit, wann gedreht werde und eigene Beleuchtung. Dann werde der Dreh durchgeführt; er erledige selbstständig die Kamera mit Ausrüstung und teile organisatorisch den Beleuchter ein, sofern er nicht selbst als Beleuchter agiere. Er platziere die Akteure. Der zeitliche Rahmen werde nur in Bezug auf die Tageszeit vorgegeben (z. B. Nachtfilm). Ansonsten entscheide er selbst; er entscheide auch wann der Dreh abgebrochen werden müsse bzw. wie lange der Arbeitstag dauere (veränderte Licht- oder Wetterbedingungen). Das Tageshonorar beinhalte 10 Stunden; Überstunden würden extra berechnet. Eine externe Kontrolle erfolge nicht. Die Klägerin entscheide nicht über den Drehort. Hier würden nur die Angaben des Kunden weitergeleitet; der Kunde bestimme den Ort, aber nur hinsichtlich der allgemeinen Informationen, die relevant für das Projekt seien (zum Beispiel Projekt müsse im XY-Gebirge aufgenommen werden). Es besteht keine Verpflichtung, betr. den Arbeitseinsatz einen Nachweis zu führen. Es bestehe keine Ausschließlichkeitsvereinbarung bzw. Nebentätigkeitsgenehmigungspflicht. Er arbeite mit dem Redakteur oder Assistenten, wenn vorhanden, bzw. Beleuchter, wenn vorhanden, zusammen. Die eigene Aufgabe bestehe darin, die Kameraarbeiten auszuführen; es gebe Absprachen vor Drehbeginn, während der Dreharbeiten Abstimmung. Die Kamera werde von der Produktionsfirma gestellt. Die Beleuchtung komme teilweise vom ihm. Seine Tätigkeit werde nicht von fest angestellten Mitarbeitern ausgeführt. Ein Übertrag des Auftrages an Dritte sei erlaubt. Er erledige den Auftrag selbst und nicht durch eigene Mitarbeiter. Bei eigenem Ausfall stelle er einen Kollegen zur Verfügung. Hotelkosten übernehme der Auftraggeber. Spesen übernehme er zunächst selbst. Sie würden später evtl. in Rechnung gestellt. Nach dem Dreh übergebe er das Filmmaterial, womit der Auftrag ende.
Rechnungskopien werden vorgelegt. Darin wird ein „kameratechnisches Set-up“ berechnet. Der Tagessatz beträgt 250 €. Hinzugerechnet wird die Zahl der Überstunden und die Mehrwertsteuer. Die Rechnungen betreffen den Zeitraum
26. 07. bis 12.12.2014. Nur eine der Rechnungen beinhaltet auch eine Spesenabrechnung.
Die Klägerin bestätigte im Wesentlichen diese Angaben. Befragt zur Zusammenarbeit mit weiteren Drehbeteiligten heißt es, dass eine Zusammenarbeit mit dem Autor und mit einem zweiten Kam...