Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung von Arbeitslosengeld II. Wiederholte Pflichtverletzung. Jahresfrist. Vermittlungsvorschlag. Hinreichend bestimmtes Arbeitsangebot. Arbeitgeber. Leiharbeit. Rechtsfolgenbelehrung. Warnfunktion

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsfolgenbelehrung in einem Vermittlungsvorschlag ist nicht richtig, wenn auf eine - später aufgehobene - vorangegangene Pflichtverletzung hingewiesen wird. Im Vermittlungsvorschlag ist zumindest der Arbeitgeber und die Art der Arbeit (hier: Zeit /Leiharbeit) zu bezeichnen.

 

Normenkette

SGB II § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 31a Abs. 1 S. 5

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.05.2013 sowie der Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 aufgehoben.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses.

Der 1983 geborene Kläger bezog nach einer Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann zuletzt aufgrund des Bescheides vom 28.01.2013 wegen der fehlenden Nebenkostenabrechnung und schwankenden Einkommens aus einer geringfügigen Tätigkeit vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013. Dabei war für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.03.2013 eine Sanktion in Höhe von 224,40 € aufgrund des Minderungsbescheides vom 30.11.2012 (60 vH des Regelbedarfes wegen einer ersten wiederholten Pflichtverletzung) berücksichtigt. Dem vorausgegangen war eine Minderung wegen einer ersten Pflichtverletzung mit Bescheid vom 21.03.2012 für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis 30.06.2012; nachgefolgt war eine weitere Sanktion mit Bescheid vom 21.02.2013 (weitere wiederholte Pflichtverletzung, vgl L 11 AS 512/13). Den Minderungsbescheid vom 30.11.2012 hob der Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2013 auf. Mit Bescheid vom 21.03.2013 hob der Beklagte zudem den Bewilligungsbescheid vom 28.01.2013 für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.04.2013 teilweise auf. Eine vom Kläger zu zahlende Nebenkostennachzahlung in Höhe von 165,57 € werde übernommen. Abzuziehen sei ein Minderungsbetrag aufgrund der festgestellten Sanktion in Höhe von 229,20 €. Die Leistungsbewilligung erfolge weiterhin wegen der ungeklärten monatlichen Lohnhöhe vorläufig.

Am 24.01.2013 unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag (VV) für eine Vollzeitstelle befristet auf 12 Monate. Als Arbeitgeber ist darin die Firma r. GmbH (i.F. Firma r.) genannt, die Stellenbeschreibung sei der Anlage zu entnehmen. In dieser Anlage wird darauf hingewiesen, dass die Firma r. für ihren Kunden, ein führendes Unternehmen der Papier- und Druckindustrie, eine langfristige Vollzeitstelle zum nächstmöglichen Termin anbieten könne und die Möglichkeit auf eine Übernahme beim Kunden bestehe. Bei Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, sehe das Gesetz Leistungsminderungen vor. Das Alg II des Klägers sei zuletzt aufgrund eines ersten wiederholten Pflichtverstoßes um einen Betrag in Höhe von 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs gemindert worden (vgl. Bescheid vom 30.11.2012). Weigere er sich, die ihm mit dem VV angebotene Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen, entfalle das ihm zustehende Alg II vollständig. Ein weiterer wiederholter Pflichtverstoß liege auch vor, wenn er die Aufnahme der angebotenen Arbeit durch negatives Bewerbungsverhalten vereitele.

Nachdem die Firma r. dem Beklagten mitgeteilt hatte, der Kläger habe sich nicht beworben, hörte dieser den Kläger zum eventuellen Wegfall des Alg II an. Der Kläger führte dazu aus, er habe von der Firma r. erst weitere Informationen zum Arbeitgeber erbeten, diese aber nicht erhalten. Mit Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 stellte der Beklagte den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.04.2013 bis 30.06.2013 fest. Der Kläger habe sich nicht bei der Firma r. beworben.

Mit Bescheid vom 17.05.2013 begrenzte die Beklagte die Sanktion ab 14.05.2013 auf 60 vH des Regelbedarfes gemäß § 31 Abs. 1 Satz 6 SGB II, weil der Kläger sich bereit erklärt hatte, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Gegen den Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er habe sich an die Firma r. wegen Informationen zum Arbeitgeber gewandt. Diese habe ihm lediglich mitgeteilt, sie sei Personaldienstleister und handele im Auftrag ihres Kunden. Sie sei daher nicht verpflichtet, die Kontaktdaten vor Erhalt einer Bewerbung bekannt zu geben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2013 abgewiesen. Aufgrund der mit Bescheiden vom 21.03.2012 und 21.02.2013 bereits erfolgten Sanktionierungen stelle die Nichtbewerbung bei der Firma r. eine weitere wiederholte Pflichtverletz...

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