Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherung. Befreiung von der maschinellen Übermittlung der Meldung. privater Arbeitgeber. wissenschaftliche Tätigkeit. Fehlen der technischen Voraussetzungen. Vermeidung unbilliger Härten. Steuerrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erzielung von Einkünften aus wissenschaftlichen Tätigkeiten steht einer Befreiung von der maschinellen Meldepflicht gem § 28a Abs 6a Nr 2 SGB 4 nicht entgegen.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger als Arbeitgeber verpflichtet ist, Meldungen nach § 28a SGB IV durch maschinelle Datenübermittlung zu erstatten.

Der Kläger beantragte mit Antrag vom 20. August 2009 die Befreiung vom maschinellen Meldeverfahren nach § 28a Abs. 6a SGB IV. Er beschäftige ausschließlich geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte nach § 8 SGB IV. Als Betriebszweck gab er Beratungen und Veröffentlichungen an. Ein Internetanschluss und eine E-Mail-Adresse stünden nicht zur Verfügung. Die Frage, ob er im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke oder mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10b EStG verfolge, verneinte er.

Nach dem Hinweis der Beklagten, beim Kläger seien nicht alle Voraussetzungen für eine Befreiung vom maschinellen Melde- und Beitragsverfahren erfüllt, erklärte der Kläger, er beschäftige nur einen Angestellten, der als Minijobber bei ihm tätig sei. Er besitze keinen Computer und keinen Internetanschluss. Auch habe er keinen Steuerberater. Auch sein Sohn habe keinen Internetanschluss. Es werde um Verständnis gebeten, dass er in seinem Alter von 74 Jahren keine Computer mehr anschaffen wolle.

Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass nach den vorliegenden Unterlagen der Betrieb des Klägers ein Dienstleistungsunternehmen sei. Die Voraussetzung, dass im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke bzw. mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10 b EStG verfolgt würden, sei nicht erfüllt.

Der Kläger entgegnete darauf hin, er betreibe kein gewerbliches Unternehmen, sondern sei ausschließlich Wissenschaftler.

Mit angefochtenem Bescheid vom 27. November 2009 stellte die Beklagte die Verpflichtung des Klägers fest, Meldungen zur Sozialversicherung und Beitragsnachweise im Rahmen der maschinellen Datenübermittlung zu erstatten. Der Kläger betreibe ein Dienstleistungsunternehmen, welches nach der Gewerbeordnung und dem Bürgerlichen Gesetzbuch als Gewerbebetrieb einzustufen sei. Das Unternehmen erfülle nicht die vom Gesetzgeber geforderte Voraussetzung, dass im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke bzw. mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10 b EStG verfolgt würden. Dies wäre der Fall, wenn es sich zum Beispiel um einen gemeinnützigen Verein oder eine Stiftung handeln würde, die steuerlich begünstigt werden. Zwar habe der Kläger glaubhaft gemacht, dass eine Datenübermittlung auf maschinell verwertbaren Datenträgern nicht möglich sei. Dies allein reiche jedoch nicht aus. Zudem habe der Kläger auch Beitragsnachweise per Datenübertragung bei der Minijobzentrale eingereicht, zuletzt am 2. Februar 2009. Ob der Kläger als Arbeitgeber ausschließlich Minijobber beschäftige, entziehe sich der Kenntnis der Beklagten, sei jedoch nicht mehr relevant.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er übe kein Gewerbe aus und unterliege auch nicht der Gewerbeordnung. Seine Einkünfte würden nach § 18 EStG (und nicht nach § 15 EStG) veranlagt. Er halte Vorlesungen und Vorträge, veröffentliche Beiträge in juristischen Fachzeitschriften und schreibe juristische Fachbücher. Das sei eine wissenschaftliche und keine gewerbliche Tätigkeit. Die bisherigen maschinellen Meldungen erfolgten über den Computer am Arbeitsplatz seines Sohnes. Dieser habe jedoch seit 1. Juli 2009 einen neuen Arbeitgeber. Dort sei es ihm nicht mehr möglich, private Angelegenheiten über seinen dienstlichen Computer zu erledigen. Er beschäftige ausschließlich eine Person geringfügig im Sinne des § 8 SGB IV. Hierfür sei nur eine Jahresmeldung zu erstellen, was keinen zu großen Verwaltungsaufwand verursachen dürfe.

Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2010 zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid entspreche der geltenden Sach- und Rechtslage.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und erklärt, neben seinem richterlichen Hauptberuf (bis 2000) sei er seit 1982 bis jetzt als Universitätsprofessor auf dem haftungs- und medizinrechtlichen Gebiet tätig. Er beschäftige einen einzigen Minijobber und betreibe eine rein wissenschaftliche, keine gewerbliche Tätigkeit. Seine Steuererklärung könne er auch in herkömmlicher Form einreichen. Er hat e...

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