Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankengeld. Arbeitsunfähigkeit. Arbeitslosigkeit. Zumutbarkeit. Berufsschutz. Ärztliche Feststellung. Gerichtsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vor Ablehnung einer beantragten Sozialleistung braucht die Behörde keine Anhörung gem. § 24 SGB X vorzunehmen.

2. Ist ein Arbeitsloser gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert, bemisst sich die Arbeitsunfähigkeit nach allen Beschäftigungen, die ihm gem. § 121 SGB III zumutbar sind. Einen weitergehenden krankenversicherungsrechtlichen Berufsschutz gibt es nicht.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; SGB III § 121 Abs. 3, 5; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 44 Abs. 1, § 46 S. 1 Nr. 2; SGB X § 24; SGG §§ 62, 105 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 31. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist Krankengeld vom 24. November bis 18. Dezember 2003. Der 1958 geborene Kläger, der den Beruf eines Betriebswirts erlernte, ist nach seinen eigenen Angaben seit 1999 arbeitslos.

Am 29. September 2003 erkrankte er arbeitsunfähig an Herpes Zoster. Er erhielt bis 9. November 2003 Arbeitslosenhilfe und ab 10. November 2003 von der Beklagten Krankengeld. Der behandelnde praktische Arzt Dr. W. (M.) teilte der Beklagten am 29. Oktober 2003 mit, Arbeitsfähigkeit bestehe voraussichtlich ab 1. November 2003, der Kläger werde medikamentös behandelt. Der von der Beklagten gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Gutachterin Dr. U.) nahm daraufhin wegen Abheilung der Herpes-Effloreszenzen und der noch ausgeprägten Zoster-Neuralgie Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 21. November 2003 an, danach sei von einem vollschichtigen Leistungsbild für mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus auszugehen.

Mit Bescheid vom 13. November 2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 22. November 2003 wieder vollschichtig arbeiten könne. Mit dem weiteren Bescheid vom 18. November 2003 bestimmte sie die Höhe des Krankengelds mit kalendertäglich 21,17 Euro. Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 13. November 2003 Widerspruch ein, ihm stehe weiterhin Krankengeld zu. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. (M.) stellte mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20. November 2003 Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 23. November 2003 (Diagnose: Zoster) fest.

Am 24. November 2003 beantragte der Kläger Krankengeld und Dr. W. legte beim MDK Widerspruch ein; wegen der ausgeprägten Post-Zoster-Neuralgie habe der Kläger Beschwerden am linken Auge und im Mundbereich, er sei weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Das sozialmedizinische Gutachten des MDK (Dr. S.) vom 3. Dezember 2003 hielt auf Grund der Rücksprache des Gutachters mit dem Hausarzt Arbeitsunfähigkeit nur noch bis 23. November 2003 für gegeben, danach sei der Kläger wieder in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig durchzuführen.

Am 1. Dezember 2003 erhob der Kläger beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Untätigkeitsklage (S 9 KR 251/03) und stellte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (S 9 KR 249/03 ER) auf Weiterzahlung von Krankengeld über den 21. November 2003 hinaus. Er nahm die Untätigkeitsklage und den Antrag auf vorläufigen Rechtschutz am 18. Dezember 2003 zurück (S 9 KR 251/03 und S 9 KR 249/03 ER). Er erhielt dann vom 19. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2004 den Widerspruch zum Teil zurück. Ab 24. November 2003 sei der Kläger wieder in der Lage gewesen, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig durchzuführen, Tätigkeiten mit Streßbelastungen und mit besonderer Anforderung an das Sehvermögen sollten zunächst vermieden werden. Für die Zeit ab 24. November 2003 könne dem Widerspruch nicht abgeholfen werden.

Der Kläger hat hiergegen am 5. Februar 2004 beim SG Klage erhoben und Zahlung von Krankengeld vom 22. November bis 18. Dezember 2003 beantragt. Die Beklagte enthalte ihm verfassungswidrig das Krankengeld vor, er sei in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 noch eine Nachzahlung des Krankengelds in Höhe von 5,04 Euro anerkannt.

Der vom SG gehörte Arzt Dr. W. hat im Befundbericht vom 4. November 2004 mitgeteilt, dass ab 6. November 2003 bei dem Kläger eine deutliche Befundbesserung eingetreten sei. Arbeitsunfähigkeit sei bis 9. Dezember 2003 festgestellt worden. Der Kläger sei jedoch ab 24. November 2003 in der Lage gewesen, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Er habe den Arzt über seine berufliche Situation getäuscht, indem er von Anfang an behauptete, er sei in einer Computerfirma beschäftigt und die Tatsache der Arbeitslosigkeit verschwiegen. Der Neurologe Dr. E. hat dem SG einen Arztbrief vom 9. Januar 2003 übersandt, in dem er dem Kläger eine stationäre diagnostische Abklärung angeraten, dieser aber das Vorgehen abgele...

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