nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 19.12.1996; Aktenzeichen S 5 Al 373/93)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.02.2002; Aktenzeichen B 13 RJ 135/01 B)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 19. Dezember 1996 und des Bescheides vom 16. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1993 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger ab 3. Juni 1993 Arbeitslosengeld zu bewilligen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 03.06.1993 dem Grunde nach streitig.

Der 1952 geborene Kläger erwarb in der Bundesrepublik Deutschland die Fachhochschulreife und durch Besuch der Technikerschule den Titel eines Elektrosteigers. Als solcher war er ab 20.08.1979 bei der Firma D ... GmbH in Dortmund beschäftigt. Seit 1983 hat er seinen Wohnsitz in der Niederlanden in unmittelbarer Nähe zur Grenze zur Bundesrepublik Deutschland, ca. 15 km vom nächstgelegenen Arbeitsamt Aachen entfernt.

Am 06.05.1988 erlitt er einen Arbeitsunfall und hat seitdem keine Beschäftigung mehr ausgeübt. Vom Arbeitgeber bezog er bis 17.06.1988 Lohnfortzahlung und anschließend von der Bergbau-BG bis 11.03.1993 Verletztengeld. Mit Bescheid vom 01.06.1993 wurde ihm ab 12.03.1993 Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. wegen der anerkannten Unfallfolgen

"feine Narben nach operativ korrigiertem Nasenbeintrümmerbruch, in anatomisch guter Stellung verheilter Bruch des Tuberculum majus im rechten Schultergelenk, Bewegungsstörung des rechten Schultergelenkes und Beschwerden"

bewilligt. Ebenfalls für die Zeit ab 12.03.1993 wurde ihm von der Bundesknappschaft Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund eines am 06.05.1988 eingetretenen Leistungsfalles bewilligt.

Der Kläger hatte sich am 03.06.1993 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16.06.1993 mit der Begründung ab, dem Anspruch stehe der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers in der Niederlanden entgegen. Mit seinem Widerspruch legte der Kläger den Bescheid der Niederländischen Arbeitsverwaltung vom 01.07.1993 vor, mit dem diese eine Leistungsgewährung ablehnte. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.1993 als unbegründet zurück. Der Kläger könne als Grenzgänger nach Art.71 Abs.1 Buchst.a) Ziffer ii EWG-VO 1408/71 nur Leistungen des Wohnortstaates beanspruchen.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 19.12.1996 abgewiesen. Es sei vorliegend nicht anzunehmen, dass der Kläger für seine berufliche Wiedereingliederung die engsten Beziehungen zum deutschen Arbeitsmarkt habe. Obwohl er in der Vergangenheit schwerpunktmäßig im Bundesgebiet in einem Bergbauunternehmen als Elektrosteiger tätig gewesen sei, sei von einer Integration in den Niederlanden auszugehen. Der Kläger sei seit 1980 mit einer niederländischen Staatsangehörigen verheiratet und verfüge im Unterschied zu vielen Grenzgängern über niederländische Sprachkenntnisse, da er nach seinen eigenen Angaben einen Sprachkurs absolviert habe. Berücksichtige man, dass bei ihm erhebliche Befunde auf psychiatrischem Fachgebiet vorlägen und eine Wiederaufnahme der ursprünglich verrichteten knappschaftlichen Tätigkeit nicht mehr möglich sei, so sei für die Prüfung der Vermittlungsmöglichkeiten lediglich auf einfache Tätigkeiten abzustellen, die er gleichermaßen in den Niederlanden wie in der Bundesrepublik Deutschland verrichten könne. Es sei unerheblich, wenn der niederländische Träger bei seiner ablehnenden Entscheidung darauf verweise, dass das Arbeitsverhältnis fortbestehe, auch wenn nach deutschem Recht davon auszugehen sei, dass Arbeitslosigkeit gegeben sein könnte. Außerdem erscheine es zweifelhaft, ob der Kläger bereit gewesen sei, sich auch für leichte, arbeitsmarktübliche Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, ein so genannter unechter Grenzgänger im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu sein. Er habe auf Anraten seines deutschen Hausarztes einen Basiskurs in der niederländischen Sprache begonnen, um einer einer Vereinsamung bzw. Depression und deren Folgen entgegenzuwirken, leider mit wenig nachhaltigem Erfolg. Seine Sprachkenntnisse befähigten ihn nicht einmal, einer unqualifizierten Erwerbstätigkeit in den Niederlanden nachzugehen, wo er sich als Fremder fühle. Er sei jeder der zahlreichen Vorladungen des Arbeitsamtes gefolgt, jedoch sei ihm niemals ein einziger angepasster Arbeitsplatz angeboten worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.12.1996 und des Bescheides vom 16.06.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1993 dem Grunde nach zu verurteilen, ihm ab 03.06.1993 Arbeitslosengeld zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des ...

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