Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Kurierdienstfahrer mit eigenem Kfz. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Gestaltungsspielraum hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Tätigkeit. Betriebliche Eingliederung. Berufskleidung. Logo einer fremden Firma. Delegation der Arbeitsleistung. Unternehmerrisiko. Preisgestaltung. Fehlende Absicherung bei Krankheit

 

Leitsatz (amtlich)

Kurierdienstfahrer mit eigenem Kfz sind abhängig beschäftigt, wenn sie ansonsten keine risikobehaftete Unternehmensstruktur aufweisen.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1; SGB V § 5 Abs. 5

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14. August 2014 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1) für dessen Tätigkeit bei der Klägerin als Kurierdienstfahrer in der Zeit vom 01.03.2010 bis 18.09.2010.

Die Klägerin übernimmt im Auftrag von H. die Zustellung von Paketen. Hierzu verfügt sie über eigene Kfz, die von bei der Klägerin angestellten Fahrern gefahren werden. Zusätzlich vergibt sie auch Aufträge an "Subunternehmer" wie den Beigeladenen zu1), die die Aufträge von H. an die Klägerin als selbständig Tätige ausführen sollen. Maßgeblich für die Zusammenarbeit der Klägerin mit H. sind vertragliche Vereinbarungen, deren Einhaltung die Klägerin auch gegenüber ihren Auftragnehmern sicherstellen muss.

Am 22.02.2010 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen nicht näher bezeichneten "Vertrag", aufgrund dessen der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit bei der Klägerin als "Subunternehmer" zum 01.03.2010 aufnahm, die zum 18.09.2010 endete. Am 19.03.2010 stellte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten unter Vorlage des Vertrages einen Antrag auf Statusfeststellung. Der "Vertrag" hat folgenden Inhalt:

1. Vertragsgegenstand

1.1.

Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Entgegennahme von Sendungen, sowie deren Transport und Verteilung im vereinbarten Zustellgebiet (siehe Anlage). Diese Sendungen sind an die entsprechenden Empfänger auszuliefern. Ferner sind sogenannte Retouren anzunehmen und zu transportieren. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass alle Paketshops im Betreuungsgebiet, für die der Fahrer zuständig ist, täglich ab 12.00 Uhr angefahren werden.

1.2.

Der Auftraggeber übt seine Tätigkeit selbständig aus.

1.3.

Für die Auslieferung von Sendungen benützt der Auftragnehmer und dessen Erfüllungsgehilfe die von H. zur Verfügung gestellten Medea-Scanner. Die Abarbeitung von Sendungen kann nur über diese Scanner durchgeführt werden. Die Scanner werden von H. zu einem festgesetzten Mietpreis pro Monat angemietet.

1.4.

Der Auftragnehmer ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben verantwortlich. Im Falle seiner Verhinderung hat er selbst für eine entsprechende Vertretung zu sorgen.

Bedient sich der Auftragnehmer anderer Personen zur Vertragserfüllung, so hat er sicherzustellen, dass die Tätigkeiten mit der Sorgfalt erfüllt werden, wie durch den Auftragnehmer selbst.

Dem Auftraggeber sind für die eingesetzten Erfüllungsgehilfen und Mitarbeiter des Auftragnehmers, polizeiliche Führungszeugnisse und die Bestätigungen der Anmeldungen zur Sozialversicherung vorzulegen.

1.5.

Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er bzw. die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand ihrer vollständigen Oberkörper-Bekleidung als H.-Partner zu erkennen sind. Hierzu bezieht der Auftragnehmer Bekleidung aus dem offiziellen H.-Bekleidungsangebot in ausreichendem Umfang. Zum Tragen dieser Bekleidung im Rahmen einer anderweitigen gewerblichen Tätigkeit, sowie nach Beendigung der vorliegenden Zusammenarbeit ist der Auftragnehmer nicht berechtigt.

Seine Erfüllungsgehilfen wird er entsprechend verpflichten.

1.6.

Weiter wird sichergestellt, dass der Transport nur mit ordentlichen Lieferfahrzeugen durchgeführt, wird. Das Fahrzeug muss entsprechend mit Hängevorrichtung für Konfektionswaren ausgestattet sein. Das Fahrzeug ist beidseitig mit entsprechender Beschriftung als H.-Kurierfahrzeug zu kennzeichnen. Der Auftraggeber stellt die entsprechenden Beschriftungen gegen Selbstkosten zur Verfügung.

2. Vergütung

2.1.

Für die gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages durchgeführten Leistungen erhält der Auftragnehmer die in der Anlage festgelegte Vergütung.

2.2.

Über die Leistungen wird der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber monatlich zu Beginn des Folgemonats abrechnen.

2.3.

Für Versicherungen jedweder Art hat der Auftragnehmer selbst zu sorgen. Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des Auftragnehmers abgegolten.

2.4.

Sofern der Auftragnehmer berechtigt ist, die Mehrwertsteuer auszuweisen, wird er dieses dem A...

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