Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.02.2006; Aktenzeichen B 10 EG 8/05 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 7. August 2002 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Befreiung von der Versicherungspflicht streitig.

Der im Jahre 1957 geborene Kläger, ein beim Ingenieurbüro L. und M. angestellter Ingenieur, ist seit 03.03.1998 freiwilliges Mitglied bei der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und damit kraft Gesetzes Mitglied der Bayerischen Ingenieurversorgungs-Bau. Seinen am 25.03.1998 gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs.1 Nr.1 des Sozialgesetzbuches Teil VI (SGB VI) lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.06.1998 ab. Zur Begründung wurde angegeben, dass nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI in der Fassung vom 01.01.1996 Mitglieder eines berufsständischen Versorgungswerks nur dann von der Rentenversicherungspflicht befreit werden können, wenn sie nicht nur Pflichtmitglied des Versorgungswerkes, sondern zudem Pflichtmitglied der Berufskammer seien. Darüber hinaus werde verlangt, dass für die jeweilige Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine Kammerpflichtmitgliedschaft bestanden habe.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch brachte der Kläger unter Berufung auf ein Rechtsgutachten des Prof. Dr. H. P. bzw. den dementsprechenden Aufsatz in der Festschrift für H. Z. zum 70. Geburtstag, S.689 f., vor, die Regelung des § 6 Abs.1 SGB VI verstoße gegen Artikel 3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG). Zwischen den Ingenieuren und anderen vergleichbaren traditionellen freien Berufen wie z.B. Ärzte, Rechtsanwälte und Apotheker - letztere würden privilegiert - bestünden keine Unterschiede, die die Ungleichbehandlung rechtfertigten. Die Frage der freiwilligen Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer, an die die Neuregelung anknüpfe, unterliege dem Landesrecht. Grund für die Verkammerung seien berufsrechtliche Gründe, nicht jedoch sozialversicherungsrechtliche, für die der Bund die Gesetzgebungskompetenz habe. Darüber hinaus sei der zeitliche Aspekt der Neuregelung willkürlich gewählt und werde das Ziel der sozialversicherungsrechtlichen Regelung, den Erosionsprozess zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund der Gründung von Versorgungseinrichtungen zu stoppen, nicht erreicht.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.1999 zurückgewiesen, weil das Recht zutreffend angewendet worden sei und die bisherige Rechtsprechung eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht erkennen lasse (Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 25.02.1998 - S 14 An 174/97 und Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.08.1998 - S 2 RA 3023/97).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg trug der Kläger im Wesentlichen wie bisher seine Argumente vor und wies auch darauf hin, dass im Verhältnis der freiwilligen Kammermitglieder und der Pflichtmitglieder eine Ungleichbehandlung bestehe. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 07.08.2002 ab. Es legte die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI und die des Artikel 10 Abs.2 Bayerisches Ingenieurekammer-Bau-Gesetz dar und argumentierte im Einzelnen umfassend - in Anlehnung an das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 04.10. 2000 - L 13 RA 3220/98 - zu seiner Auffassung, dass eine Regelung des Gesetzgebers vorliege, die sich durch sachliche Gründe rechtfertigen lasse und nicht willkürlich erscheine.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wiederholt der Kläger seine in erster Instanz vorgebrachten Argumente und betont, der Ausschluss des Rechts auf Befreiung der relativ kleinen Gruppe der verkammerten Ingenieure sei weder erforderlich noch geeignet, um die Existenz- und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Außerdem sei es nicht richtig, dass für den Ingenieurbereich insbesondere die Selbständigen und die eigenverantwortlich tätigen Ingenieure, die gegebenenfalls auch zur Honorarvereinbarung berechtigt seien, den Charakter der berufsständischen Kammer prägten. Das Sozialgericht verkenne die Bedeutung der angestellten Ingenieure in der Kammer (gemeint: der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau). Gegenwärtig seien 2292 angestellte und beamtete Ingenieure Mitglied gegenüber 2083 beratenden Ingenieuren. Schon daraus werde deutlich, dass der Charakter der berufsständischen Kammer nicht vor allem durch die Pflichtmitglieder geprägt werde, sondern in gleichem Maße auch durch die freiwilligen Mitglieder. Weiterhin zieht der Kläger einen Vergleich mit den angestellten Architekten. Wer Architektur studiert habe, könne in die Architektenkammer aufgenommen werden, er erfülle jedoch in der Regel zugleich die Voraussetzungen zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur". Der angestellte Architekt könne befreit werden, der angestellte Ingenieur dagegen nicht. Es gäbe keinen sa...

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