Leitsatz (amtlich)
Der VEB Sekundärrohstofferfassung Halle war kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB zur AVItech.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, § 8 Abs. 2, 3 S. 1, Abs. 4 S. 1; EinigVtr Art. 19 S. 1; VO-AVItech 1950 (DDR) § 5; ZAVtIVDBest 2 § 1 Abs. 1; 1. DB AVItech 1950 (DDR) § 1; VEB-Verordnung 1973 (DDR) § 2; VEB-VO 1979 (DDR) § 41 Abs. 1 Spiegelstrich 1, Abs. 2; Statut des VE Kombinat Sekundärrohstofferfassung (DDR) § 2
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, die Zeiten, in denen die Klägerin beim VEB Sekundärrohstofferfassung Halle, Sitz Z, beschäftigt war, als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) anzuerkennen sowie die dabei erzielten Entgelte festzustellen.
Die 1954 geborene Klägerin stellte bei der Beklagten am 17.06.2019 Antrag auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem für Ingenieure der ehemaligen DDR i.S. der Anlage 1 des AAÜG und legte u.a. folgende Nachweise vor:
- Zeugnis der Fachschule für Ökonomie P vom 13.06.1979 über den Fachschulabschluss in der Fachrichtung Sozialistische Betriebswirtschaft/Ingenieurökonomie und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen
- Gleichstellungsnachweis des Freistaats Sachsen vom 15.05.2001 mit der Berechtigung, den Grad des Diplom-Wirtschaftsingenieur (Fachhochschule) zu führen
- Ausweis für Arbeits- und Sozialversicherung, aus dem sich Tätigkeiten der Klägerin als Instrukteur und ab 01.02.1980 als stellvertretender Direktor bzw. (Fach-)Direktor für den Volkseigenen Betrieb (VEB) "Altstoffhandel Halle" bzw. "Sekundärrohstofferfassung Halle" - jeweils mit Sitz in Z- ergeben
- Das Statut des VE Kombinats Sekundärrohstofferfassung mit Sitz in B
- Arbeitsvertrag vom 06.06.1988 über eine Tätigkeit als Mitarbeiter Aufbereitung, stellvertretender Abteilungsleiter
- Änderungsvertrag vom 02.04.1990 mit Übernahme der Aufgabe "Wissenschaftliche Mitarbeiterin"
- Arbeitszeugnis der S Halle GmbH vom 31.07.1992 über die Tätigkeit der Klägerin von 1970 bis zum 31.07.1992, wonach die Klägerin vom 01.04.1990 bis zum 30.04.1991 als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 06.01.2020 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungsystem der Anlage 1 zum AAÜG ab. Die Rechtswirkungen aus dem AAÜG seien für die Klägerin nicht anwendbar, da diese bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes erworben habe. Es bestehe auch kein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach den vom Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen, weil es hinsichtlich der zum 30.06.1990 im VEB Sekundärrohstofferfassung Halle, Sitz Z, ausgeübten Tätigkeit jedenfalls an der sogenannten betrieblichen Voraussetzung fehle, da es sich dabei nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie und des Bauwesens und auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb nach der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (VO-AVItech) vom 24.05.1951 gehandelt habe.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2020 zurückgewiesen. Für die Anerkennung eines volkseigenen Produktionsbetriebes im Sinne der Altersversorgung der technischen Intelligenz müsse es sich konkret um einen Produktionsdurchführungsbetrieb mit dem Gegenstand industrieller Massenproduktion von Sachgütern oder Bauwerken gehandelt haben. Die Tätigkeit im Kombinatsbetrieb des VEB Sekundärrohstofferfassung Halle erfülle diese Voraussetzungen nicht, da Hauptzweck des Kombinats nicht die Produktion von Sachgütern, sondern die Erfassung von Sekundärrohstoffen für die Volkswirtschaft gewesen sei. Dazu hat die Beklagte u.a. auf Urteile des BSG vom 19.07.2011 (Az.: B 5 RS 7/10 R und B 5 RS 1/11 R) verwiesen.
Mit ihrer Klage zum Sozialgericht Augsburg hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass die genannten Urteile auf den VEB Sekundärrohstofferfassung Halle, Außenstelle Z, nicht zutreffen würden, bei dem es sich um einen eigenständigen Produktionsbetrieb gehandelt habe. So habe die Tätigkeit den Aufkauf, die Aufbereitung und den Weiterverkauf von Sekundärrohstoffen umfasst. Dabei seien z.B. jährlich 6000 t Glasbruch, 40.000 t Altpapier und 8000 t Alttextilien in den Produktionsprozess durch weiterverarbeitende Betriebe eingebracht worden. Beispielsweise sei Altpapier so aufbereitet worden, dass der weiterverarbeitenden Industrie reiner Papierrohstoff zur Verfügung gestellt werden konnte, aus welchem di...