Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsgemeinschaft. Eheähnliche Gemeinschaft. Dauer. Innere Bindungen. Einstehen der Partner füreinander. Einkommen
Leitsatz (redaktionell)
Eine eheähnliche Gemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II setzt eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft voraus. Für die “Dauer” kommt es nicht auf das tatsächliche Zusammenleben in der Vergangenheit an, sondern darauf, ob die Lebensgemeinschaft prognostisch mehr als nur vorübergehend bestehen wird.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 3b, Abs. 3a, § 9 Abs. 2
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 01.01. bis 31.08.2006 streitig.
Der 1969 geborene Kläger bezog bis 26.10.2004 Alg I und anschließend Arbeitslosenhilfe (Alhi). Auf seinen Antrag vom 13.10.2004 hin wurde ihm ab Januar 2005 Alg II in Höhe von monatlich 786,05 EUR bewilligt.
Nachdem zwei anonyme Schreiben am 23.05. und 23.06.2005 eingegangen waren, wonach der Kläger mit seiner Freundin, die voll im Berufsleben stehe, zusammen wohne, fand am 05.07.2007 eine Wohnungsbesichtigung durch zwei Mitarbeiter der Beklagten statt. Es wurde festgestellt, dass sich Kleidungsstücke einer Frau T. in der Wohnung befänden, es aber nicht ersichtlich sei, ob sich Frau T. dauerhaft in der Wohnung aufhalte.
Dem Kläger wurde weiterhin Alg II bewilligt, und zwar ab 01.07.2005 in verminderter Höhe, weil die Beklagte davon ausging, dass die Wohnkosten nicht angemessen seien. Das Sozialgericht Augsburg (SG) verurteilte im anschließenden Klageverfahren S 1 AS 328/05 die Beklagte mit Urteil vom 11.01.2006, für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 weiterhin 397,05 EUR für Unterkunft und Heizung (KdU) zu zahlen. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, mit Einzug der Partnerin ab 01.09.2005 sei eine andere Situation eingetreten. Zudem habe der Kläger die Suche nach einer neuen Wohnung zum 01.01.2006 erfolgreich abgeschlossen.
In dem Fortzahlungsantrag vom 08.09.2005, der von T. unterzeichnet und bezüglich der sie betreffenden Angaben von ihr ausgefüllt wurde, wurde unter der Rubrik "Partner" die 1971 geborene T. eingetragen mit der Angabe, diese sei seit 04.09.2003 geschieden und habe eine 1991 geborene Tochter. In einem Zusatzblatt, ausgefüllt am 26.09.2005, heißt es bezüglich T. "Lebensgefährtin ab 25.09.2005".
Mit Bescheid vom 01.12.2005 änderte die Beklagte die Bewilligung der Leistung für die Zeit vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 dahingehend ab, dass ab September 2005 geringere Leistungen bewilligt wurden. Zu dem Änderungsgrund heißt es, durch den Einzug der Lebensgefährtin hätten sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert. Das Arbeitseinkommen werde in der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Zudem würden ab 15.09.2005 die für einen Zweipersonenhaushalt angemessenen Mietkosten als Bedarf anerkannt. Die Beklagte legte bei der Anrechnung des Einkommens der T. ein Nettoeinkommen von 824,67 EUR zugrunde, was nach Abzug der Freibeträge und Versicherungsbeiträge zu einer Einkommensanrechnung von 598,43 EUR führte.
Der Kläger legte einen von ihm und T. am 31.12.2005 für die Zeit ab 01.01.2006 geschlossenen Mietvertrag über eine 61 qm große Zweizimmerwohnung vor. Mit Änderungsbescheid vom 21.02.2006 änderte die Beklagte die Leistung für Januar und Februar 2006 auf monatlich 383,57 EUR wegen der durch den Umzug geänderten Verhältnisse ab; sie legte nunmehr KdU von 338,00 EUR zugrunde und rechnete auf den Gesamtbedarf von 960,00 EUR weiterhin 598,43 EUR als Einkommen an. Mit weiterem Bescheid vom 21.02.2006 bewilligte sie für die Monate März bis August 2006 die Leistung für den Kläger und T. in gleicher Höhe.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, die Beklagte gehe zu Unrecht von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen ihm und T. aus. Nach einer Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen bildeten Paare erst eine eheähnliche Lebensgemeinschaft, wenn sie mindestens drei Jahre zusammen lebten. Erst ab diesem Zeitpunkt dürfe das Einkommen beider Partner beim Alg II angerechnet werden.
Mit Änderungsbescheid vom 14.03.2006 setzte die Beklagte das Alg II für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2006 auf 422,00 EUR fest; unter Abänderung des Freibetrages rechnete sie ein Einkommen von 560,00 EUR an. Im Übrigen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2006 den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe selbst T. als seine Partnerin angegeben und diese Erklärung auch im Widerspruchsverfahren nicht widerrufen; auch das SG sei in seinem Urteil vom 11.01.2006 von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen.
Zur Begründung seiner zum SG erhobenen Klage hat der Kläger angegeben, er und T. hätten einige Zeit zusammeng...