Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Sonderbedarfszulassung. Ermittlungsumfang der Zulassungsgremien. erforderliche Qualifikation des Arztes
Leitsatz (amtlich)
1. Ermittlungsumfang zur Prüfung eines besonderen Versorgungsbedarfes iS der Nr 24 S 1 Buchst b ÄBedarfsplRL bei Antrag auf Sonderbedarfszulassung eines Kinderchirurgen.
2. Hinreichende Qualifikation des Kinderchirurgen iSd Nr 24 S 1 Buchst b.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2007 sowie der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2007 aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Beigeladenen zu 6 vom 1. Dezember 2006 gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte Oberpfalz vom 1. Oktober 2006 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt 1/4, der Beklagte 3/4 der Kosten in beiden Rechtszügen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 6 als Kinderchirurg in A..
Der Beigeladene zu 6 hat mit Schreiben vom 28. April 2006 Antrag auf Zuerkennung einer Sonderbedarfszulassung als Kinderchirurg im Planungsbereich A. Stadt/Landkreis A.- gestellt. Mit weiterem Schreiben vom 17. Mai 2006 hat der Beigeladene zu 6 eine Übersicht über die relevanten EBM-Ziffern für die Niederlassung als Kinderchirurg übersandt. Mit weiterem Schreiben vom 28. August 2006 hat der Beigeladene zu 6 den qualitätsbezogenen Sonderbedarf für einen Kinderchirurgen näher begründet. Die kinderchirurgische Versorgung in der Oberpfalz sei nicht flächendeckend gegeben. Der nächste zu erreichende Facharzt für Kinderchirurgie in B-Stadt sei mehr als 60 Kilometer entfernt, ein weiterer Facharzt für Kinderchirurgie (Klinik) in N. sei ca. 65 Kilometer entfernt. Die Entfernungen nach E. (Klinik) bzw. nach B. (Praxis) würden jeweils 80 Kilometer betragen. Die genannten Entfernungen seien Kindern, Jugendlichen und deren Eltern, insbesondere postoperativ, nicht zuzumuten. Durch die Niederlassung eines Kinderchirurgen mit langjähriger Berufserfahrung auch für spezielle Fragestellungen würden sich lange Wegstrecken z. B. nach M. oder E. einschränken bzw. vermeiden lassen. Eine kindgerechte und adäquate Diagnostik, Therapie und Versorgung von chirurgischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter bedürfe einer speziellen Ausbildung und damit eines hohen Spezialisierungsgrades. Diese Anforderung an den behandelnden Arzt werde in der Ausbildung zum Facharzt für Kinderchirurgie mit eigener Weiterbildungsordnung erworben. Der Vertragsarztsitz solle direkt in den Räumlichkeiten des Krankenhauses A. sein. Als ambulant tätiger Kinderchirurg werde er ein großes Spektrum kinderchirurgischer Leistungen anbieten. Diese würden Leistungen/Therapie (Operationen) aus Bereichen im Katalog EBM 2000plus in den Kapiteln Gynäkologie, Dermatologie, MKG und Urologie etc. beinhalten.
Acht Kinderarztpraxen aus S., A., R., A., B., N. und B. haben die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 6 ausdrücklich befürwortet. Die Klägerin hat an alle Chirurgen, Orthopäden, Urologen im Planungsbereich A. Stadt und Landkreis A.- einen Fragebogen mit der Bitte um Beantwortung zum Antrag des Beigeladenen zu 6 auf Sonderbedarfszulassung gesandt. Von den befragten Arztpraxen haben fünf chirurgische Arztpraxen den Antrag des Beigeladenen zu 6 nicht befürwortet. Eine chirurgische Arztpraxis hat den Antrag teilweise nicht befürwortet, zwei orthopädische Gemeinschaftspraxen haben den Antrag teilweise befürwortet, zwei urologische Gemeinschaftspraxen haben den Antrag des Beigeladenen zu 6 nicht befürwortet.
Der Zulassungsausschuss Ärzte Oberpfalz hat daraufhin den Antrag des Beigeladenen zu 6 auf Sonderbedarfszulassung als Kinderchirurg mit Bescheid vom 01.10.2006 (aufgrund des Beschlusses vom 13.09.2006) abgelehnt. Der Planungsbereich A. Stadt und Landkreis A.- weise für die Arztgruppe der Chirurgen eine Überversorgung auf. Bei einem rechnerischen Soll von vier seien aktuell 4,5 Chirurgen zugelassen, davon einer mit einer Doppelzulassung als Chirurg und Orthopäde. Voraussetzung für einen lokalen Versorgungsbedarf nach dem 5. Abschnitt Nr. 24 Buchstabe a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sei, dass eine Versorgungslücke in der gesamten Breite des Versorgungsbereiches - hier das Gebiet Chirurgie - bestehen müsse. Ein lokaler Versorgungsbedarf liege dann vor, wenn er sich aus Besonderheiten ergebe, die in der lokalen Situation oder in besonderen örtlichen Krankheitshäufungen begründet seien und keine entsprechenden Ärzte in zumutbarer Entfernung für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stünden. Die im Planungsbereich A. Stadt und Landkreis A.- bei den frei praktizierenden Chirurgen, Orthopäden und Urologen durchgeführte Befragung habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Chirurgen keine...