Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Mutwillenskosten. Betreiben eines sinnlosen Rechtsstreits

 

Orientierungssatz

Ein bestimmtes klägerisches Verhalten und das weitere Betreiben eines sinnlosen Rechtsstreits ist als mutwillig iS von § 192 SGG zu beurteilen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger für die Monate Januar bis Dezember 1994 zu wenig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat.

Der Kläger ist Arbeitgeber von zwei Mitgliedern der Beklagten. Die Beklagte hat am 09.06.1995 bei ihm eine Beitragskontenabstimmung durchgeführt und für das Jahr 1994 eine Nachforderung von 2.105,88 DM erhoben (Schreiben vom 05.07.1995)

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.07.1995 Widerspruch ein. Ein ausdrücklicher Widerspruchsbescheid erging nicht.

Statt dessen hat die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.1995 aufgrund Beitragsnachweises des Klägers für den gleichen Zeitraum (Januar bis Dezember 1994) insgesamt 2.125,98 DM Beiträge plus Säumniszuschläge nachgefordert. Auch gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.1995 zurückgewiesen wurde. Die gegen diese Bescheide gerichtete Feststellungsklage (Feststellung der Nichtigkeit) hat das Sozialgericht München unter dem Az.: S 13 Kr 321/95 mit rechtskräftigem Urteil vom 28.03.1996 zurückgewiesen. Am 15.04.1996 erhob der Kläger dann Anfechtungsklage (Az.: S 18 Kr 128/96).

Am 26.07.1996 ging beim Sozialgericht München eine Klage (S 18 Kr 235/96) mit dem Antrag ein, festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 05.07.1995 nichtig ist. Für den Fall, daß der Verwaltungsakt nicht nichtig sei, solle die Kasse verpflichtet werden, über den eingelegten Widerspruch zu entscheiden. Es sei Untätigkeitsklage veranlaßt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.11.1996 abgewiesen. Es hielt ohne nähere Prüfung die erhobene Nichtigkeitsklage für zulässig, jedoch nicht begründet. Ein absoluter Nichtigkeitsgrund gemäß § 40 Abs. 2 SGB X sei nicht gegeben. Ebensowenig sei eine schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes ersichtlich. Der Hilfsantrag sei unbegründet, weil die Prüfungsmitteilung vom 05.07.1995 gegenüber dem Beitragsbescheid vom 28.08.1995 keine zusätzlichen Regelungen enthalte, ein gesondertes Widerspruchsverfahren sei deshalb nicht erforderlich. Für die vom Kläger weiter beantragte Feststellung, daß er nicht verpflichtet sei, die mit Bescheid vom 05.07.1995 festgesetzten Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 1994 zu bezahlen, bestehe im Hinblick auf die bereits erhobene Anfechtungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 26.03.1998 erklärt, sie habe die Ansicht vertreten, bei dem Schreiben vom 05.07.1995 handele es sich lediglich um eine Mitteilung über eine Beitragskontenabstimmung. Auf Hinweis des Senats, daß die Rechtsansicht des Sozialgerichts über den Rechtscharakter des Schreibens vom 05.07.1995 als Verwaltungsakt zutreffend sein dürfte, hat sie den streitgegenständlichen Bescheid in der mündlichen Verhandlung aufgehoben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.11.1996 aufzuheben und die Nichtigkeit des Bescheides der Beklagten vom 05.07.1995 einschließlich der dortigen Anlage "Beitragsaufstellung" festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 143 SGG statthafte Berufung, die wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, außerdem form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 151 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die mit der Berufung angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts betrifft einen ausdrücklich als Nichtigkeitsklage bezeichneten Rechtsbehelf. Zu Unrecht ist dies vom Sozialgericht als zulässig erachtet worden. Es fehlen nämlich die Voraussetzungen des hier einschlägigen § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG. Der Kläger hat zu keiner Zeit "ein berechtigtes Interesse" an der Feststellung der von ihm behaupteten Nichtigkeit dieser Zahlungsaufforderung vom 05.07.1995 vorgetragen oder schlüssig behauptet. Es ist ein solches aus den Akten auch nicht erkennbar. Selbst der Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung, daß die eigentliche Streitsache, nämlich die Beitragsforderung, bereits Gegenstand der anhängigen Anfechtungssache L 4 Kr 29/97 und damit voller Rechtsschutz gewährleistet ist, hat den Kläger zu keinem Vortrag bewegen können, warum dieser auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtete Rechtsbehelf erhoben bzw. weiter aufrecht erhalten worden ist.

Die Unzulässigkeit der Klage zieht die Unbegründetheit der Berufung nach sich.

Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nach der Erörterung des Rechtscharakters der Zahlungsaufforderung vom 05.07.1995 - der Senat schließt sich in der Begründung dafür gemäß § 153 Abs. 2 SGG den Gründen des So...

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