nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 15.10.1998; Aktenzeichen S 5 AL 681/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Oktober 1998 wird verworfen, soweit sie die Vergangenheit betrifft, und zurückgewiesen, soweit sie die Zukunft betrifft.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist türkischer Staatsbürger mit Wohnsitz in der Türkei. Er wird seit August 1994 als Fahrer auf in Deutschland zugelassenen LKWs der deutschen N. GmbH , H. (N.GmbH), im grenzüberschreitenden Gütertransport zwischen Deutschland und der Türkei eingesetzt. Nach der eidesstattlichen Erklärung des Geschäftsführers der türkischen T. U. N. (T.), Herrn H. Ö. , ist der Kläger bei dieser Gesellschaft beschäftigt. Die T. setzt den Kläger aufgrund eines "Agenturvertrages" mit der N.GmbH in deren Auftrag auf deren LKWs ein.
Dem Kläger war zuletzt eine Arbeitserlaubnis (AE) für die beschriebene Tätigkeit, soweit sie Deutschland berührte, bis zum 31.12.1996 erteilt. Im Juni 1997 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung, dass er bei seinem Einsatz auf den LKWs der N.GmbH arbeitserlaubnisfrei sei. Der Antrag wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes Stuttgart vom 30.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1997 abgelehnt. Ein Befreiungstatbestand iSd § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) sei nicht gegeben, denn der Kläger solle von einem in Deutschland ansässigen Unternehmen im grenzüberschreitenden Güterverkehr beschäftigt werden und sei nicht schon seit einem Zeitpunkt vor dem 01.09.1993 kontinuierlich in dieser Beschäftigung tätig gewesen.
Dagegen erhob der Kläger am 22.08.1997 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg und beantragte, unter Aufhebung der Bescheide vom 30.06.1997 und 07.08.1997 festzustellen, dass er für die Tätigkeit auf den LKWs der N.GmbH im grenzüberschreitenden Verkehr in Deutschland keiner Arbeitserlaubnis bedürfe (Az: S 5 Al 681/97).
Antragsgemäß gewährte das SG dem Kläger bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufigen Rechtsschutz (S 5 VR 191/97 AL 164). Eine hiergegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg (L 11 B 27/98.AL-ER).
Das SG ist dem Antrag des Klägers im Hauptsacheverfahren (Urteil vom 15.10.1998) gefolgt. Der Kläger sei Arbeitnehmer der T ... Eine illegale Arbeitnehmerüberlassung liege nicht vor. Soweit die Beklagte auf Verstöße gegen güterkraftverkehrsrechtliche Regelungen und bilaterale Abkommen für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr verweisen wollte, vermöge dies nicht zu überzeugen. Eine rechtliche Änderung sei insoweit in der letzten Zeit nicht eingetreten. Die Beklagte habe in der Vergangenheit derartige Hindernisse für eine Tätigkeit der Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr nicht gesehen und den Einsatz von ausländischen Fahrern auf deutschen Fahrzeugen im Rahmen sog. Vertretungs- oder Agenturverträge 1992/1993 im Zuge der Änderung der AEVO teilweise sogar empfohlen und jedenfalls als gesetzeskonform behandelt. Zudem sei hervorzuheben, dass Fragen, die nicht das Arbeitserlaubnisrecht berührten, nicht Gegenstand des vorliegenden Feststellungsverfahrens sein könnten. Die bis zum 10.10.1996 geltende Fassung des § 9 Nr 2 AEVO, nach der die Tätigkeit, für die die Feststellung der AE-Freiheit begehrt werde, AE-frei gewesen sei, müsse aus Gründen des Vertrauensschutzes weiter angewendet werden, da eine entsprechende Übergangsregelung fehle. Die Rechtslage habe sich auch nicht durch das In-Kraft-Treten des SGB III geändert.
Das Urteil vom 15.10.1998 ist der Beklagten am 10.11.1998 zugestellt worden. Dagegen hat sie am 10.12.1998 beim Bayer. Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor: Die vom SG bezüglich der Übergangsregelung vertretene Meinung sei rechtsirrig. Angesichts der bis zum 30.04.1997 gewährten Übergangsfrist sei eine durch die AEVO bestimmte Übergangsregelung entbehrlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 15.10.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 15.10.1998 zurückzuweisen.
Er lässt vortragen, die vom Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 10.03.1994 aufgestellten Grundsätze für eine Übergangsregelung müssten auch im vorliegenden Falle gelten. Im Übrigen könne sich der Kläger auf Art 6 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei vom 19.09.1980 berufen. Danach habe ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates angehöre, in diesem Mitgliedsstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des SG (S 5 Al 681/97) und der Beklagten verwiesen, deren Inhalte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ...