Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Gefälligkeit. enge verwandtschaftliche Beziehung. erheblicher Zeitumfang. Reparatur eines Firmenwagens der Schwiegermutter und des Schwagers

 

Orientierungssatz

Kein Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs 2 S 1 SGB 7 bei der Tätigkeit für einen Verwandten/Verschwägerten, die zwar wegen ihres erheblichen Umfangs über die übliche Hilfe/Gefälligkeit unter Verwandten hinausgeht (hier: Reparatur eines Firmenwagens der Schwiegermutter und des Schwagers), gleichwohl aber von einer engen und intensiven verwandtschaftlichen Beziehung geprägt ist.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2004 insoweit abgeändert, als Ziff. III des Urteil aufgehoben wird.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist das Bestehen von Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines Arbeitsunfalls.

Der 1963 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und in einem Autohaus beschäftigt. Er reparierte für die Firma seiner Schwiegermutter und seines Schwagers, der Zimmerei Dachdeckerei B. GbR (Fa. B.), am Samstag, den 31. Oktober 1998, einen der LKWs. Dabei sprang vom Hammer ein Metallsplitter ab und verletzte den Kläger am rechten Auge (durchbohrende Hornhaut-Iris-Linsenverletzung). Der Fremdkörper wurde am nächsten Tag in der Universitäts-Augenklinik U. entfernt. Durch nachfolgende Komplikationen kam es zur Erblindung des rechten Auges.

Die Augenärzte Dres. V./S./S. gaben in ihrem Bericht an die Beklagte vom 20. September 1999 an, der Kläger habe bei der ersten Behandlung durch sie am 20. November 1998 angegeben, es habe sich um einen privaten Unfall gehandelt. Die Meldung als Arbeitsunfall erfolgte auf Anregung des Allgemeinarztes Dr. K. vom 12. März 1999. Die Unfallanzeige der Fa. B. ging am 23. August 1999 bei der Beklagten ein. Darin heißt es, der Kläger sei regelmäßig als mithelfender Familienangehöriger eingesetzt gewesen.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2000 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Es läge Versicherungslosigkeit vor, da die vom Kläger durchgeführten Reparaturarbeiten an Betriebsfahrzeugen als verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistung zu werten seien. Den Widerspruch vom 24. Februar 2000 wertete die Beklagte als Aufforderung, einen Bescheid zu erlassen.

Die Fa. B. gab auf die Anfragen der Beklagten am 16. November 2000 an, zwar seien die Beziehungen zu dem Kläger von einer starken verwandtschaftlichen Gefälligkeit geprägt, jedoch werde die ausgeübte Tätigkeit nicht als Gefälligkeit angesehen. Es handele sich für den Betrieb um eine notwendige Leistung zur Wartung der Betriebsfahrzeuge. Zur Durchführung dieser Arbeiten habe sich der Kläger ausdrücklich mündlich verpflichtet. Ein schriftlicher Vertrag sei nicht abgeschlossen worden. An dem Unfalltag habe er auftragsgemäß einen LKW repariert. Es sei üblich, dass sie sich gegenseitig helfen, aber die Leistung des Klägers übersteige regelmäßig die normale gegenseitige verwandtschaftliche Hilfe. Er habe nach Bedarf geholfen, durchschnittlich alle zwei bis drei Wochen, je nach Wartung und notwendigen Reparaturen des gesamten Fuhrparks. Als Entlohnung habe er finanzielle Unterstützung durch Naturalien (Kleidung für Enkelkinder und Tochter u.ä.) im Wert von ca. 3.000,00 bis 4.000,00 DM jährlich erhalten, die jedoch nicht in einem Jahreslohnnachweis ausgewiesen worden seien. Im Jahr vor dem Unfall habe der Umfang der Tätigkeit des Klägers ca. 120 Stunden betragen.

Mit Bescheid vom 21. März 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Da ein Beschäftigungsverhältnis mit der Fa. B. nicht bestanden habe, sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) gesetzlich unfallversichert gewesen. Er sei auch nicht nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wie ein Beschäftigter des Unternehmens versichert gewesen. Da er aufgrund seines Berufs und seiner Tätigkeit in einem Autohaus über spezifische Kenntnisse verfüge, habe er die Betriebsfahrzeuge der Fa. B. nach eigener Einschätzung gewartet und repariert. Es liege keine arbeitnehmerähnliche und abhängige Tätigkeit vor. Er habe nicht im wesentlichen Umfang bei dieser Tätigkeit dem Weisungsrecht des Zimmerei- und Dachdeckereiunternehmens unterlegen (BSG, Urteil vom 27. Oktober 1987). Es handele sich um eine Auftragsleistung im Sinne eines Werkvertrages, wobei der Kläger als oder zumindest wie ein Unternehmer tätig geworden sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 zurück.

Dagegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg. Vorliegend sei von einem faktischen Arbeitsverhältnis, zumindest aber von einer arbeitne...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge