Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage. Rehabilitationsinteresse. Berufungsausschuss. Ausschluss. Befangenheit. Eignung. Zulassungsentziehung. Bewährungszeit. Wiederzulassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse u.a. erforderliches Rehabilitationsinteresse ist gegeben, wenn die angegriffene Entscheidung ein Unwerturteil insofern enthält, als der Kläger aufgrund neueren Fehlverhaltens als persönlich ungeeignet für die Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung bezeichnet wird.

2. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt einer auf das Bestehen eines Rehabilitationsinteresses gestützten Fortsetzungsfeststellungsklage ist der Zeitpunkt der Beklagtenentscheidung.

3. Im Fall einer Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung in der Vergangenheit ist von einer Bewährungszeit von fünf Jahren auszugehen, die mit der Bestandskraft der Zulassungsentziehung, beginnt, wobei eine Bewährungszeit von fünf Jahren nur in besonders gravierenden Fällen überschritten werden kann.

4. Die Eignungsprüfung ist nicht auf den Bewährungszeitraum beschränkt.

5. Im Vergleich zur Gesamtfallzahl vermögen einige wenige missglückte Planungen nicht sogleich die Nichteignung zu begründen.

6. Die Nichteigung kann sich aber aus der Schwere der Pflichtverstöße ergeben.

 

Normenkette

SGB X § 16 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4, § 17; Zahnärzte-ZV § 21

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2., zu 3., zu 6. und zu 7. wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Februar 2004 aufgehoben und die Fortsetzungsfeststellungsklage abgewiesen.

II. Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt noch die Feststellung, dass die Versagung der Wiederzulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung rechtswidrig war.

Er war seit dem Jahr 1970 in G. als zugelassener Zahnarzt tätig. Mit am 17.10.1994 ausgefertigtem Bescheid entzog ihm der Berufungsausschuss Zahnärzte Bayern die vertragszahnärztliche Zulassung. Die Zulassungsentziehung wurde sowohl auf den zwischenzeitlichen Verlust der Approbation als auch auf gröbliche Pflichtverletzungen gestützt, die Grund für die Approbationsentziehung gewesen waren. Der Bescheid des Beschwerdeausschusses wurde am 22.10.1996 durch Klagerücknahme bestandskräftig.

In den Jahren zuvor hatte die Beigeladene zu 1. durch ihren Disziplinarausschuss gegen den Kläger mit Bescheid vom 25.06.1986 zunächst eine Disziplinarmaßnahme in Höhe von 4.000,00 DM festgesetzt. Dem lagen Verstöße gegen die Zahnersatzrichtlinien des Bundesausschuss zugrunde.

Mit weiterem Disziplinarbescheid vom 26.06.1987 hatte die Beigeladene wegen ständiger vertragswidriger Behandlungsweise, insbesondere bei der Planung und Erbringung von Zahnersatz und von Paradontosebehandlungen, erneut eine Geldbuße, diesmal in Höhe von 20.000,00 DM festgesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage und Berufung waren ohne Erfolg geblieben (Urteil des Senats vom 05.12.1990, L 12 Ka 501/89).

Sodann folgte der Bescheid vom 13.10.1989, mit dem wegen neuer, inhaltlich gleichartiger Verstöße nochmals eine Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM verhängt worden war.

Schließlich war das Ruhen der Zulassung zu den Primärkassen für die Zeit vom 01.07.1991 bis zum 31.12.1992 ausgesprochen worden.

Das klägerische Verhalten in dieser Zeit hatte dann zur Verurteilung zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe durch die große Strafkammer des Landgerichts W. wegen Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug und versuchtem Betrug geführt (Urteil vom 21.10.1992; KLS 5 JS 1905/92).

Zusammengefasst war ihm darin zur Last gelegt worden, am 09.02.1992 durch einen gedungenen Helfer seine Praxisräume in Brand gesteckt zu haben, um mit der Zahlung der Brandversicherungsentschädigung die aufgelaufenen Forderungen der KZVB und der Krankenkassen wegen unrechtmäßig bezogenem Honorar und sonstige Schulden zu decken, zumal während des Ruhenszeitraums eine ausreichend rentable Praxisführung nicht gewährleisten gewesen war.

Drei Jahre der Haftzeit hatte der Kläger verbüßt. Die zweite Strafhälfte war durch die zuständige Strafvollstreckungskammer zur Bewährung ausgesetzt und später erlassen worden.

Mit Bescheid vom 15.09.1993 entzog ihm deswegen die Regierung der Oberpfalz die ärztliche Approbation. Es schloss sich die darauf sowie auch auf die langjährige und wiederholte Begehung von Pflichtverstößen gegen die Richtlinien des Bundesausschusses gestützte Zulassungsentziehung an (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 10.11.1993 und des Berufungsausschusses vom 17.10.1994).

Nach Entlassung aus der Haft arbeitete der Kläger von März 1995 bis Juni 1998 als zahntechnischer Assistent.

Nachdem ihm im Dezember 1998 die Approbation erneut erteilt worden war, war er mit Genehmigung der KZVB bei dem Vertragszahnarzt Dr. H. B. in W. als Entlastungsassistent tätig. Die ursprüngliche Genehmigung gegenüber dem Praxisinhaber wurde bis zum Mitte 2002 verlängert.

Nach seiner Anstellung näherten sich d...

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