Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiswürdigung, erneuter Rentenantrag, Erwerbsminderungsrente. Erwerbsminderungsrente: Zweiter Ablehnungsbescheid zu einem erneuten Rentenantrag als Gegenstand eines laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Ergeht in einem laufenden sozialgerichtlichen Verfahren, dessen Gegenstand ein Bescheid ist, mit dem die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden war, ein Ablehnungsbescheid zu einem erneuten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, wird dieser zweite Ablehnungsbescheid nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des laufenden Verfahrens.

 

Normenkette

SGB VI §§ 2, 43 Abs. 1-3, § 240 Abs. 1-2; SGG § 96 Abs. 1

 

Tenor

I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29. August 2013 wird aufgehoben.

II. Die Klage gegen den Bescheid vom 02. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2011 wird abgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2, 1 SGB VI).

Die im September 1960 geborene Klägerin hat von September 1977 bis Juli 1979 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Im Anschluss daran war sie bis Dezember 1979 im erlernten Beruf tätig. Von Januar 1980 bis August 1982 war sie als Fachverkäuferin, von Februar 1984 bis November 1989 als Personalsachbearbeiterin, von Januar bis März 1990 als Schreinereigehilfin und von Juni 1997 bis März 2001 als Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt. In den Jahren 1999 bis 2001 absolvierte die Klägerin diverse REFA-Seminare, von April 2001 bis Juli 2001 eine Schulung im EDV-Bereich, vom 7. Oktober 2002 bis 17. Juli 2003 eine Fortbildungsmaßnahme zur technischen Führungskraft/Qualitätsmanagement (Lehrgangsdauer: 900 Unterrichtsstunden zzgl. Betriebspraktikum vom 28. April bis 17. Juli 2003). Zuletzt war sie von Dezember 2004 bis Februar 2008 als Sachbearbeiterin Qualitätswesen im Wareneingang versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Dezember 2008 ist sie im Wellnessbereich selbständig 8 bis 10 Stunden wöchentlich tätig.

Mit Antrag vom 5. Juli 2010 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Sie sei seit 26. Januar 2007 erwerbsgemindert. An diesem Tag erlitt die Klägerin einen Arbeitsunfall, bei dem sie nach dem Aussteigen aus dem Auto beim Gang in Richtung Stempeluhr auf glattem, ungestreutem Boden ausgerutscht, gestürzt und mit dem Steißbein gegen die Bordsteinkante gefallen war. Sie fügte sich dabei eine Steißbein- sowie eine BWS-/LWS-Prellung und eine leichte HWS-Distorsion zu.

Die Beklagte zog diverse Befundberichte sowie einen Entlassungsbericht der T. Tagesklinik A-Stadt vom 31. März 2008 über Maßnahmen der ambulanten Rehabilitation vom 27. Februar 2008 bis 18. März 2008 bei. Hierin wurden eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach BSV C6/C7 links, ein Zustand nach erweiterter intralaminärer Fensterung C6/C7 links nach Fryckholm, Sequest- rektomie am 13. November 2007 und ein Verdacht auf Karpaltunnel-Syndrom links festgestellt. Die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr täglich leistungsfähig, als Kontrolleurin mit Heben und Tragen nur noch 3 bis unter 6 Stunden.

Beigezogen wurde ferner ein chirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage von Dr. G. für die BG der Feinmechanik und Elektrotechnik BV J-Stadt vom 19. Juni 2008, wonach eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch die Folgen des Unfalls vom 26. Januar 2007 derzeit nicht mehr hervorgerufen werde. Aktenkundig wurde auch ein Zusatzgutachten zur Zusammenhangsfrage auf neurologischem Fachgebiet von Dr. K. vom 3. Juni 2008, wonach auch auf neurologischem Fachgebiet keine unfallbedingte MdE gegeben sei.

Die Beklagte holte darauf ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. vom 16. August 2010 ein. Der Sachverständige diagnostizierte bei der Klägerin einen Zustand nach cervikaler Bandscheibenoperation mit C7-Wurzelirritation links (November 2007) und bescheinigte ihr noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Als Arbeiterin im Wareneingang sei sie nur noch unter 3 Stunden täglich leistungsfähig. Der Antrag wurde daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 2. September 2010 abgelehnt. Die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie verwiesen werden könne, noch 6 Stunden und mehr täglich einsetzbar.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs legte die Klägerin u.a. einen Bericht des Medizinischen Versorgungszentrums für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 23. Dezember 2010 vor, aus dem eine Höherdosierung der bisherigen Schmerzmedikamente hervorgeht. Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Z. vom 25. März 2011 ein. Dr. Z. stellte bei der Klägerin...

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