Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. nicht selbstständige Arbeit. nachgeburtliches Einkommen. Sachbezug. geldwerter Vorteil. Beitragszahlung des Arbeitgebers zu einer Gruppenunfallversicherung. laufender Arbeitslohn. sonstige Bezüge. Widerrufsvorbehalt bei beabsichtigter Erwerbstätigkeit. keine Differenzierung nach Lebensmonaten

 

Orientierungssatz

1. Beiträge des Arbeitgebers zur Gruppenunfallversicherung, die monatlich verbucht werden, sind keine sonstigen Bezüge iS von § 2 Abs 7 S 2 BEEG idF vom 9.12.2010, sondern laufender Arbeitslohn. Damit sind diese Monate nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG idF vom 5.12.2006 zu berücksichtigen.

2. Aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 BEEG ergibt sich, dass die Erforderlichkeit eines Widerrufsvorbehalts lediglich auf die "Fälle" bezogen ist, in denen voraussichtlich keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden soll. Eine Differenzierung eines Falles nach Lebensmonaten, in denen eine Erwerbstätigkeit beabsichtigt ist, und solchen, in denen dies nicht der Fall ist, sieht das Gesetz nicht vor.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.12.2018; Aktenzeichen B 10 EG 9/17 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 03.11.2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Unfallversicherungsprämie in Höhe von 8,75 Euro bzw. 9,09 Euro bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) der Klägerin als Einkommen im Bezugszeitraum zu berücksichtigen ist.

Die 1969 geborene Klägerin ist alleinerziehende Mutter der 2010 bzw. 2007 geborenen Kinder E. und P. Von Beruf ist die Klägerin angestellte Diplomingenieurin Maschinenbau bei der Firma E.

Am 05.09.2010 beantragte die Klägerin Elterngeld für E., wobei sie die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden ab ca. Mitte Januar 2011 mitteilte.

Der Beklagte bewilligte mit gemäß § 8 Abs. 3, 2. Alt. BEEG vorläufigem Bescheid vom 01.09.2010 der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat (= Zeitraum vom 20.06.2010 bis 19.08.2011), wobei sich unter Zugrundelegung des auf den Betrag von 2.700 Euro “gedeckelten„ vorgeburtlichen Durchschnittseinkommens aus der nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie unter Berücksichtigung des Arbeitgeberzuschusses im 1. und 2. Lebensmonat kein, im 3. Lebensmonat ein anteiliger Elterngeldanspruch in Höhe von 1.161,20 Euro, im 4. bis 7. Lebensmonat ein monatlicher Anspruch in Höhe von 1.800,00 Euro und unter Anrechnung des voraussichtlichen Teilzeiteinkommens ab dem 8. Lebensmonat ein monatlicher Anspruch in Höhe des Mindestbetrags von 300,00 Euro errechnete. Auf die Verpflichtung, gegebenenfalls überzahltes Elterngeld gemäß § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückerstatten zu müssen, wies der Beklagte hin.

Nach Ablauf des Bezugszeitraums entschied der Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2012 endgültig über den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld und errechnete nunmehr unter Anrechnung des ab Februar 2011 bezogenen Teilzeiteinkommens nur noch einen Elterngeldanspruch in Höhe von 193,60 Euro im 3. sowie ab dem 4. Lebensmonat in Höhe von 300,00 Euro monatlich. Dabei setzte der Beklagte für den Zeitraum ab August 2010 bis Januar 2011 eine vom Arbeitgeber der Klägerin in den Gehaltsmitteilungen als laufenden Bezug versteuerte Unfallversicherungsprämie in Höhe von 8,75 Euro (Zeitraum August 2010 bis Dezember 2010) bzw. 9,09 Euro (Januar 2011) an. Unter Abzug der Werbungskostenpauschale errechnete sich für diese Monate zwar nur ein Einkommen von 0 Euro, das nach § 2 Abs. 3 BEEG ermittelte Durchschnittseinkommen wurde jedoch vom Beklagten auch auf diese Monate angerechnet. Die sich hieraus ergebende Überzahlung in Höhe von insgesamt 6.967,60 Euro forderte der Beklagte gemäß § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.02.2012 Widerspruch ein und trug vor, dass in der Entgeltabrechnung des Arbeitgebers ein Fehler unterlaufen sei und versehentlich die Versteuerung der Prämie der Gruppenunfallversicherung in Höhe von 8,75 Euro als laufender statt als sonstiger Bezug vorgenommen worden wäre. Eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers vom 15.02.2012 über den Irrtum und korrigierte Abrechnungen für den Zeitraum August 2010 bis Februar 2011 legte sie vor.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2012 zurück. Gemäß den Lohnsteuerrichtlinien R 39b Abs. 2 handele es sich bei der laufenden und regelmäßigen Prämienzahlung um einen laufenden Bezug. Zudem sei die Änderung erst im Februar 2012 erfolgt, so dass für den gesamten Bezugszeitraum unter Beachtung des Zuflussprinzips weiterhin von den entsprechenden Verdienstabrechnungen auszugehen sei.

Mit ihrer am 19.04.2012 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin, bei der Elterngeldberechnung die Unfallversicherungsprämie in den ersten sechs Lebens...

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