nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Schwere spezifische Leistungsbehinderung. Soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit. Stufenschema. Umstellungsfähigkeit. Leistungseinschräkungen. Vollschichtiges Leistungsvermögen. Konversionsneurotische Störung. Vermeidungsverhalten. Somatisierungsstörungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit steht der Versicherten nicht zu, da keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinn der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt.
2. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs und der Qualität der verrichteten Arbeit. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik abzustellen. Der Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf nächst niedrigeren Gruppe im Gruppenschema des Bundessozialgerichts zumutbar.
3. Zur Verneinung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung kann die Feststellung genügen, dass der Versicherten noch bestimmte Arten körperlicher Verrichtungen, wie z. B. Montieren, Sortieren etc., möglich sind, wenn diese in einem entsprechend großen Arbeitsfeld gefordert werden.
Normenkette
SGB VI a.F. § 43 Abs. 1-2, § 44; SGB VI n.F. § 43
Verfahrensgang
SG Augsburg (Entscheidung vom 13.06.2002; Aktenzeichen S 7 RJ 701/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Juni 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1948 geborene Klägerin ist slowenische Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik. Sie gab an, in Slowenien im Schuljahr 1967/68 die 3. Klasse der Gastwirtschaftsschule in M. besucht und dort die Abschlussprüfung für den Beruf "Köchin" abgelegt und bestanden zu haben. Sie gab an, in ihrer Heimat als Köchin gearbeitet zu haben. Anschließend war sie, unterbrochen durch Erziehungszeiten, als Bedienung beschäftgt. Der deutsche Arbeitgeber teilte der Beklagten mit, es habe sich um angelernte Arbeiten gehandelt.
Rentenantrag stellte die Klägerin am 30.11.1999. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wurde sie von Dr.K. am 30.05.2000 begutachtet. Dieser kam zum Ergebnis, die Klägerin könne im erlernten Beruf nur noch weniger als halbschichtig arbeiten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien aber acht Stunden täglicher Einsatz möglich.
Mit Bescheid vom 07.06.2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit liege vor, da die Klägerin vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Zum deutschen Rentenanspruch sind Versicherungszeiten vom 01.09.1968 bis 31.12.2001, insgesamt 348 Monate Beitragszeit berücksichtigungsfähig (Versicherungsverlauf vom 23.05.2002). Slowenische Versicherungszeiten sind nicht nachgewiesen; auch die Lehrzeit ist nach Auskunft der LVA Niederbayern-Oberpfalz grundsätzlich eine nicht versicherungspflichtige Zeit in Slowenien.
Der Widerspruch vom 27.06.2000 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2000 als unbegründet zurückgewiesen.
Ihre Klage vom 10.10.2000, eingegangen am 11.10.2000, begründete die Klägerin damit, dass sowohl die Gelenkerkrankung als auch die hochgradige Allergie sowie die multiple Chemikaliensensibilität bei der Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt seien. Durch diese Erkrankungen sei sie gehindert, den in Slowenien erlernten Beruf ebenso wie andere Tätigkeiten auszuüben. Aus dem Heilverfahren 1999 sei sie als arbeitsunfähig im alten Beruf entlassen worden.
Das Sozialgericht beauftragte nach Einholung von Befundberichten bei Dr.E. (Neurologe), Dr.H. (Internist, Lungenfacharzt), Dr.H. (Allgemeinarzt), Dr.N. (Orthopäde) und A. R. (Psychiater) den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.A. mit der Begutachtung der Klägerin. Die vorher vorgenommene Auswertung der Befundberichte durch die Ärztin der Beklagten Dr.N. hatte eine Änderung gegenüber der Rentenbegutachtung durch Dr.K. verneint.
Dr.A. stellte in seinem Gutachten vom 30.07.2000 folgende Diagnosen:
- Halswirbelsäulensyndrom ohne neurologische Ausfälle.
- Cervikogene und migräneartige Kopfschmerzen.
- Schwindelbeschwerden mit cervikogener und psychosomatischer Komponente.
- Erkrankung des linken Schultergelenks.
- Asthma bronchiale, verschiedene Allergien.
- Somatisierungsstörung bei asthenisch-histrionischer Primärpersönlichkeit.
Wesentliche Veränderungen der Befunde seit der Begutachtung im Rentenverfahren hat Dr.A. verneint, die Diagnosen bezeichnete er als zutreffend. Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Hände könnten verstärkt Beschwerden im Rahmen eines Reizsyndroms im Carpaltunnelberei...