Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. Anforderung an die Darstellung der Verweisungstätigkeit bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Darstellung von Verweisungstätigkeiten für einen Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesundheitsbedingten Einschränkungen bei der Berufsausübung unterliegt, genügt es im Falle einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, statt einer konkreten Tätigkeit lediglich ein Arbeitsfeld zu benennen, in dem eine Tätigkeit noch ausgeübt werden kann (hier: Warenaufmacher-Versandfertigmacher).  

2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsminderung und eines entsprechenden Rentenanspruchs (hier: rentenrelevante Erwerbsminderung verneint).

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bereits bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der im … 1959 geborene Kläger hat von September 1974 bis September 1977 den Beruf des Maurers erlernt und war im Anschluss daran bis Juli 1980 im erlernten Beruf, von September 1980 bis Mai 1994 als Lkw-Fahrer und zuletzt von Mai 1994 bis Dezember 2007 erneut als Maurer tätig.

Mit Antrag vom 6. Mai 2008 begehrte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese holte ein Gutachten des Chirurgen U. vom 13. August 2008 ein, der beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen feststellte:

1. Geringe Funktionseinschränkung der LWS mit eingeschränkter Belastbarkeit bei Verschleißerkrankung mit Bandscheibenbeteiligung ohne Nervenausfälle

2. Schwerhörigkeit beidseits, mit Hörgeräten versorgt

3. Geringe Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenks mit eingeschränkter Belastbarkeit bei Gicht und Verschleiß

4. Eingeschränkte Belastbarkeit beider Hüftgelenke ohne funktionelle Defizite bei beginnender Verschleißerkrankung

5. Übergewicht.

Der Kläger könne als Maurer nur unter drei Stunden täglich Arbeiten verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 5. September 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. September 2007 auf Dauer. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit dem Begehren, Rente wegen voller Erwerbsminderung zu erhalten. Der Widerspruch wurde mit bestandskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 3. November 2008 zurückgewiesen.

Mit Antrag vom 17. März 2009 begehrte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der bereits bezogenen Rente.

Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. W. vom 5. Mai 2009 ein, der folgende Diagnosen stellte:

1. Somatoforme Schmerzstörung

2. Wirbelsäulenverschleiß mit Funktionseinschränkung

3. Beginnender Hüftgelenksverschleiß ohne wesentliche Funktionseinschränkung

4. Beginnender Kniegelenksverschleiß ohne Funktionseinschränkung

5. Drehmanschettensyndrom an beiden Schultergelenken ohne Funktionseinschränkung

6. Schwerhörigkeit beidseits, mit Hörgeräten versorgt

7. Übergewicht.

Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr zu verrichten.

Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 20. Mai 2009 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009).

Der nächste Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung datiert vom 26. April 2010. Die Beklagte beauftragte hier Dr. B. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 9. Juni 2010 diagnostizierte der Sachverständige beim Kläger ein Drehmanschettensyndrom linkes Schultergelenk mit mittelgradiger Funktionsminderung, Muskelreizerscheinungen der Lendenwirbelsäule, pseudoradikuläre Ausstrahlung, mit endgradiger Entfaltungsstörung, ohne wesentliche sozialmedizinische Bedeutung, eine Sehnenansatzreizung der Hüftgelenke bei beginnendem Verschleiß sowie eine Knorpelschwäche der Kniescheibe beidseits mit endgradiger Funktionsminderung. Der Kläger könne noch mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr verrichten. Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 26. April 2010 abgelehnt, der hiergegen erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2010 zurückgewiesen.

Mit streitgegenständlichem Antrag vom 14. November 2011 begehrte der Kläger erneut Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. W. (Gutachten vom 28. Dezember 2011) ein, der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge