Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Feststellungsklage. Arbeitsunfall. Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Zielsetzung. Autorität der Unternehmensleitung. Beteiligungsquote. Ballonfahrt
Leitsatz (redaktionell)
Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung liegt nur vor, wenn sie allen Beschäftigten des Unternehmens offensteht. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die Unternehmensleitung aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit davon ausgeht, dass nur ein Teil der Beschäftigten an der Veranstaltung teilnehmen wird, und sie deswegen von vornherein die Veranstaltung nur für eine geringe Teilnahmerzahl plant.
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1 S. 1, § 162 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.07.2004 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass das Geschehen vom 04.02.2002 ein Arbeitsunfall ist.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung des Ereignisses vom 03.02.2002 als Arbeitsunfall.
Der 1966 geborene Kläger, Mitarbeiter der Privatbrauerei M. C. W. GmbH & Co. KG, erlitt im Rahmen einer Ballonfahrt am 03.02.2002 Verletzungen am Rücken, als er bei der missglückten Landung des Ballons aus dem Korb geschleudert wurde.
Die Vorbereitung und Organisation der Ballonfahrt übernahm die Assistentin der Geschäftsleitung. Dabei erfolgte zunächst eine Information über die Ballonfahrt durch die unternehmenseigene Zeitung "Mitarbeiterinfo". Darin wurde mitgeteilt, dass die Firma E. allen Mitarbeitern der Brauerei ein einmaliges Angebot unterbreite. Zum absoluten Sonderpreis von DM 50,00 könnte mit circa 30 Personen eine Teilnahme an einem Ballonfahrertreffen erfolgen. In einem weiteren Artikel wurde nochmals auf die Ballonfahrt aufmerksam gemacht und um entsprechende Voranmeldungen gebeten. Von der Assistentin der Geschäftsleitung wurde die weitere Planung und Durchführung übernommen, wie die Terminvereinbarung und die Organisation der Abfahrt mit firmeneigenen Fahrzeugen. Auch der Kostenbeitrag von DM 50,00 wurde von einer Mitarbeiterin der Privatbrauerei W. eingesammelt. Bei der Ballonfahrt am 03.02.2002 nahmen 17 Mitarbeiter und 17 Angehörige teil, auch einer der Geschäftsführer (E. R.). Der geschäftsführende Gesellschafter der Privatbrauerei W. nahm an der Ballonfahrt nicht teil, weil er terminlich verhindert war und sich im Ausland befand. Gestartet wurden fünf Ballone mit insgesamt 62 Personen. Nach den Angaben der Arbeitgeberin hätten alle interessierten Mitarbeiter an der Veranstaltung teilnehmen können. Bei entsprechender Meldung hätten auch alle 62 Plätze mit Betriebsangehörigen besetzt werden können. Die Privatbrauerei W. beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 110 Vollzeitkräfte.
Mit Bescheid vom 07.08.2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalles als Arbeitsunfall ab. Die unfallbringende Ballonfahrt erfülle weder die Kriterien eines Betriebsausfluges noch die einer Gemeinschaftsveranstaltung. Es handele sich vielmehr um ein über den Unfallbetrieb angebotenes Freizeitvergnügen zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass sehr wohl eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorgelegen habe, die dazu gedient habe, die Verbundenheit und das Vertrauensverhältnis zwischen Betriebsleitung und Belegschaft zu fördern. Grund der Aktion sei gewesen, dass im Rahmen eines Ballonfahrertreffens eine Jungfernfahrt mit einem neuen M. C. W. - Ballon, also einem Ballon mit dem Logo der Firma, gestartet werden sollte. Für die Brauerei M. C. W. sei dies Anlass gewesen, eine Incentive-Aktion zur Stärkung des Zusammenhalts bei den Mitarbeitern und als gemeinsames Erlebnis über Abteilungsgrenzen hinaus zu organisieren. Die Anzahl der teilnehmenden Betriebsangehörigen an der Ballonfahrt rechtfertige kein anderes Ergebnis. Bei der in der sog. "Mitarbeiterinfo" angegebenen Anzahl von circa 30 Personen habe es sich nicht um eine feste Größe gehandelt. Es hätten bei entsprechender Meldung auch weitere Personen aus dem Betrieb mitfahren können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Teilnehmerzahl sei ursprünglich auf circa 30 Teilnehmer begrenzt gewesen, da nicht mehr freie Plätze zur Verfügung gestanden hätten. Damit handele es sich bei der Ballonfahrt aber um ein rein privates Freizeitvergnügen, das nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 03.02.2002 als versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen...