Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitritt. freiwillige Versicherung. Versäumung der Beitrittsfrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Unkenntnis. Betreuung eines nicht kooperativen Geschäftsunfähigen
Orientierungssatz
1. Die alleinige Unkenntnis über das Bestehen einer ablaufenden Frist ist kein Grund für eine Wiedereinsetzung.
2. Auch die Schwierigkeiten bei der Betreuung eines nicht kooperativen Geschäftsunfähigen sind zumindest für Berufsbetreuer kein Grund, Fristversäumnisse zu entschuldigen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. November 2004 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2000 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger seit 05.04.2000 freiwilliges Mitglied der Beklagten ist.
Der 1954 geborene Kläger ist Arzt. Er war bis November 1996 wegen des Bezugs von Leistungen des Arbeitsamts M. bei der AOK M. pflichtversichert. Er leidet an einer paranoiden Psychose. Seit 09.07.1999 steht er unter Betreuung. Die Betreuung umfasst die gesamte Sorge für die Gesundheit samt Zustimmung zu Untersuchungen, medikamentösen und sonstigen Heilbehandlungen und ärztlichen Eingriffen sowie die gesamte Vermögenssorge und die Geltendmachung und Verwaltung von Ansprüchen auf Altersversorgung, Sozialhilfe und Unterhalt. Sein Betreuer hat, nachdem er Rentenantrag gestellt hatte, mit Schreiben vom 07.02.2000 vorsorglich fristwahrend den Beitritt des Klägers in eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten angezeigt.
Das Amt für Versorgung und Familienförderung M. stellte auf Antrag des Betreuers beim Kläger am 05.04.2000 einen Grad der Behinderung von 60 fest. Die Mutter des Klägers teilte auf Anfrage der Beklagten mit, sie sei privat krankenversichert. Der Vater des Klägers sei bereits vor 17 Jahren verstorben. Die AOK Hessen bestätigte der Beklagten auf deren Anfrage Mitgliedszeiten des Klägers von 1990 bis 1996. Die LVA Oberbayern gewährte mit Bescheid vom 04.05.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.07.1999. Die AOK Hessen stellte am 01.03.2000 fest, dass wegen fehlender Vorversicherungszeiten keine Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner besteht.
Die Beklagte lehnte nach Anhörung des Betreuers des Klägers die freiwillige Versicherung mit Bescheid vom 13.10.2000 mit der Begründung ab, der Kläger habe nach Ende des Arbeitslosengeldbezuges am 04.11.1996 die Möglichkeit gehabt, sich freiwillig zu versichern, er habe diese jedoch nicht genutzt. Damit sei die Vorversicherungszeit von drei Jahren nach § 9 Abs.1 Nr.4 SGB V zu erfüllen. Die geforderte Vorversicherungszeit von drei Jahren sei nicht erfüllt, beim Kläger lägen lediglich 632 Tage Vorversicherungszeit vor. Der Bevollmächtigte des Klägers legte hiergegen mit Schreiben vom 25.10.2000 Widerspruch ein und wies darauf hin, der Kläger sei wegen der Schwere und Besonderheit der Behinderung nicht in der Lage gewesen, die Vorversicherungszeit zu erfüllen. Dies ergebe sich aus Gutachten des Bezirkskrankenhauses T. .
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2000 zurückgewiesen. Die erforderliche Vorversicherungszeit für die freiwillige Versicherung sei nicht erfüllt. Der Kläger sei ihrer Auffassung nach durchaus in der Lage gewesen, die geforderte Vorversicherungszeit von drei Jahren zu erfüllen. Aus der Tatsache der zahlreichen Streitigkeiten vor Sozial- und Landessozialgerichten ergebe sich, dass die Behinderung nicht zu schwer war, um die Vorversicherungszeit zu erfüllen.
Hiergegen richtete sich die Klage zum Sozialgericht München, zu deren Begründung die Bevollmächtigte des Klägers vortrug, entgegen der Ansicht der Beklagten habe es sich bei den jahrelangen Rechtsstreitigkeiten nicht um einen Ausdruck der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden intellektuellen Fähigkeiten des Klägers gehandelt, sondern um einen Ausdruck seiner Krankheit und des Krankheitsbilds und infolgedessen gerade um das Unvermögen, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Sie legte hierzu ein Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 27.02.2004 vor, das zur Notwendigkeit der Betreuung Stellung nimmt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Bezirkskrankenhauses T. des Bezirks Oberbayern über stationäre Aufenthalte des Klägers vom 09.08. bis 14.09.2001 und vom 12.07. bis 23.08.1999 beigezogen. Es hat dann Beweis erhoben durch Beauftragung der Psychiaterin Dr. K. zur Begutachtung nach Aktenlage. Die Gutachterin kam im Gutachten vom 21.06.2004 zu dem Ergebnis, der Kläger habe auch in der Zeit vom 09.02.1995 bis 08.02.2000 an chronisch schizophren-paranoider Psychose mit ausgeprägten formalen und inhaltlichen Denkstörungen, schweren krankheitsbedingten Verhaltensstörungen mit schwe...