Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Eingliederungshilfe. Mittagessen in einer bayerischen Werkstatt für behinderte Menschen
Orientierungssatz
Zur Übernahme der Kosten für das tägliche Mittagessen in einer bayerischen Werkstatt für behinderte Menschen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.01.2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die Kosten der Mittagsverpflegung der Klägerin während des Aufenthaltes in einer teilstationären Einrichtung zu übernehmen hat.
Bei der 1976 geborenen Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie die Merkzeichen B und G anerkannt.
Der Beklagte übernahm seit 16.09.1989 die Kosten der teilstationären Unterbringung in einer Werkstatt für Behinderte. Ein Kostenbeitrag zu den Kosten für das Mittagessen in Höhe von 2,76 EUR sei mangels entsprechenden Einkommens nicht zu erbringen (zuletzt Bescheid vom 21.01.2002).
Von der Beigeladenen erhielt die Klägerin seit 01.12.1997 laufende Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Mit Bescheid vom 15.02.2005 (64) bewilligte der Beklagte ab 01.03.2005 Leistungen gemäß § 53 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), wobei die Verpflegungskosten (Mittagessen) in der Werkstatt für Behinderte jedoch nicht übernommen wurden, denn diese seien nicht Bestandteil des an die Einrichtung zu zahlenden Entgeltes. Die Verpflegungskosten seien von der Klägerin selbst bzw. vom örtlichen Träger im Rahmen der Grundsicherung zu übernehmen.
Den wegen der Nichtübernahme der Kosten für das Mittagessen mit der Begründung, der Beklagte sei weiterhin iS des § 92 SGB XII vorleistungspflichtig, eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2005 zurück. Die Kosten des Mittagessens seien seit 01.01.2005 nicht mehr Teil der Eingliederungshilfe, der überörtliche Träger daher nicht mehr zuständig.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Übernahme der Kosten für das Mittagessen ab 01.03.2005 begehrt. Das SG hat mit Urteil vom 25.01.2006 den Bescheid vom 22.02.2005 (zutreffend 15.02.2005) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2005 abgeändert und den Beklagten verpflichtet, die Kosten des Mittagessens ab 01.03.2005 zu übernehmen. Die Verpflichtung des Beklagten zur Tragung der Kosten für das Mittagessen ab 01.03.2005 ergebe sich daraus, dass gemäß § 35 Abs 1 SGB XII der notwendige Lebensunterhalt, der dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung entspreche (§ 42 Abs 1 Nr 1 - 3 SGB XII), in Einrichtungen erbracht werde und sich aus der verfassungsgemäßen, an § 97 Abs 2 Satz 2 SGB XII orientierten Auslegung des Art 11 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (AGSGB) eine Zuständigkeit des Beklagten als überörtlichen Leistungsträger ergebe.
Zur Begründung der dagegen vom Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat dieser vorgetragen, der notwendige Lebensunterhalt der Klägerin werde durch den bestehenden Anspruch auf Grundsicherung gedeckt, für den jedoch der örtliche Träger zuständig sei, nachdem es sich nicht um eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung handele.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.01.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich der Auffassung des Beklagten an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und auch begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben. Der Beklagte ist als überörtlicher Träger nicht verpflichtet, die Kosten des Mittagessens zu übernehmen.
Der überörtliche Träger (= Beklagter) ist gemäß § 97 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm Art 11 Abs 1 Satz 2 AGSGB nicht für die Übernahme der Verpflegungskosten in teilstationären Einrichtungen zuständig. Gemäß § 97 Abs 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe sachlich zuständig der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt (§ 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII). Dabei soll berücksichtigt werden, dass soweit wie möglich für Leistungen im Sinne des § 8 Nr 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist (§ 97 Abs 2 Satz 2 SGB XII). Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln (des SGB XII) zu erbring...