Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Ruhensregelung nach § 29 Abs 2 AbgG
Leitsatz (amtlich)
§ 29 Abs 2 S 2 AbgG idF vom 21.12.2004 trägt dem Gebot der Vermeidung einer Doppelalimentation der Bundestagsabgeordneten Rechnung und verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das teilweise Ruhen der Regelaltersrente des Klägers wegen des Bezugs einer Abgeordnetendiät rechtmäßig war und eine daraus resultierende Rentenüberzahlung zurückzuzahlen ist.
Der im September 1945 geborene Kläger war vom 27.10.2009 bis zum 22.10.2013(17. Legislaturperiode) Abgeordneter des Deutschen Bundestags.
Am 31.08.2010 stellte er im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten einen Antrag auf Regelaltersrente. Sein Antrag wurde von der Beraterin S. S. aufgenommen und dabei das Formular R 100 online ausgefüllt. Die Frage, ob der Kläger ab Rentenbeginn Entschädigungen (Diäten) für Abgeordnete erhalten werde, wurde dabei mit "nein" beantwortet.
Mit Bescheid vom 30.09.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.10.2010 in Höhe von monatlich 2.242,19 Euro einschließlich eines Zuschusses zur Krankenversicherung. Die Ruhensregelung des § 29 Abs. 2 Abgeordnetengesetz (AbgG) wurde nicht angewendet. Im Bescheid findet sich unter der Überschrift "Mitteilungspflichten und Mitwirkungspflichten" unter anderem der Hinweis, dass neben anderen aufgeführten Leistungen der Bezug einer Entschädigung für Abgeordnete die Höhe der Rente beeinflussen könne und der Bezug dieser Leistung der Beklagten unverzüglich mitzuteilen sei.
Mit Schreiben vom 15.11.2010 teilte der Deutsche Bundestag der Beklagten mit, dass dem Kläger Abgeordnetenbezüge in Höhe von 7.646,99 Euro monatlich zustünden. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Altersrente des Klägers neben dem Bezug einer Abgeordnetenentschädigung nach der Anrechnungsvorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 AbgG in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 1 AbgG in Höhe von 80 % zu ruhen habe.
Mit Anhörungsschreiben vom 08.12.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, den Bescheid vom 30.09.2010 mit Wirkung ab 01.10.2010 nach § 45 SGB X zurückzunehmen und die erfolgte Überzahlung für die Monate Oktober bis Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 5.381,25 Euro zurückzufordern. Ab dem 01.11.2011 würden laufend nur noch 449,70 Euro ausbezahlt werden. Der Kläger habe in seinem Antrag unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht.
Der Kläger wandte dagegen ein, dass er der den Antrag aufnehmenden Sachbearbeiterin mitgeteilt habe, Bundestagabgeordneter zu sein. Diese habe aber gesagt, dass dies irrelevant für die Berechnung der Rente sei, was ihm auch eingeleuchtet habe. Außerdem sei er der Meinung, dass § 29 AbgG nicht auf ihn anwendbar sei, weil er nie in einem Beamtenverhältnis gestanden habe. Er habe im Vertrauen auf den Rentenbescheid seine Ausgaben unter Einbeziehung der vollen Rente ausgerichtet, z.B. unterhalte er drei Wahlkreisbüros.
Am 10.02.2011 erließ die Beklagten den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem die Regelaltersrente des Klägers neu berechnet wurde (Zahlbetrag ab dem 01.01.2011 nunmehr 449,70 €). Ferner wurde der Bescheid vom 30.09.2010 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.10.2010 nach § 45 SGB X zurückgenommen (Anlage 10). Die entstandene Überzahlung im Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 in Höhe von 5.381,25 Euro wurde nach § 50 SGB X zurückgefordert. Dem Kläger sei kein Vertrauensschutz zuzubilligen. Er habe die Frage nach den Diäten als Abgeordneter verneint und dies auch unterschrieben. Ferner habe der Rentenbescheid eine Belehrung über die Auswirkung von Diäten enthalten. Auch das Formblatt "Erläuterungen zum Rentenantrag" enthalte die Information, dass Regelaltersrenten bei Bezug von Abgeordnetenentschädigungen zu 80 % ruhten. Er könne daher nicht geltend machen, gutgläubig gewesen zu sein. Auch im Wege des Ermessens halte man die Rücknahme des Bescheides für gerechtfertigt. Ein Mitverschulden der Beklagten liege nicht vor.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass er nicht in der Lage sei, die Rückzahlung in der geforderten Frist und Summe zu erbringen. Wenn er den Rentenbescheid nicht in allen Einzelheiten der Anlagen gelesen habe, dann sei dies darauf zurückzuführen, dass er nicht den geringsten Zweifel gehabt habe, dass ihm die volle Rente zustehe. Außerdem sei er einer enormen Arbeitsbelastung ausgesetzt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2011 zurück und führte aus, dass der Kläger die fehlerhafte Rentenberechnung hätte erkennen können. Ein Beratungsfehler der Beklagten sei nicht nachgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München und machte zunächst ge...