Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. defensive Konkurrentenklage. keine Anfechtungsbefugnis einer ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung gegen Sonderbedarfszulassung

 

Orientierungssatz

1. Einer nach Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung steht keine Anfechtungsbefugnis gegen eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Buchst b der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zu.

2. Der Teilnahmestatus eines nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 2 Abs 7 BMV-Ä, §§ 9, 10 BMV-Ä Anl 9.1 ermächtigten Instituts ist nachrangig gegenüber einer Sonderbedarfszulassung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.08.2011; Aktenzeichen B 6 KA 27/10 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu erstatten. Der Kläger hat auch die notwendigen Auslagen des Beigeladenen zu 1. in beiden Rechtszügen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Wege der defensiven Konkurrentenklage gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1.

Der Kläger, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. (KfH), ein gemeinnütziger Verein, betreibt seit seiner Gründung im Jahr 1969 bundesweit Dialysezentren, so auch in der Kreisstadt C-Stadt (KfH C-Stadt).

Nach Inkrafttreten der Neuregelung der Dialyseversorgung durch § 2 Abs. 7 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMVÄ) und § 2 Abs. 7 Ersatzkassenvertrag-Ärzte i.V.m. Anlage 9 des (BMVÄ; gleichlautend Ersatzkassenvertrag-Ärzte) im Jahre 2002 (heute Anlage 9.1, BMVÄ) war dem KfH C-Stadt mit Bescheid vom 08.08.2003 eine Institutsermächtigung gem. § 10 Abs. 1 Anl. 9.1 BMVÄ bis zum 30.06.2013 erteilt worden, die nach Ablauf ohne Bedarfsprüfung um weitere 20 Jahre zu verlängern ist. Die Ermächtigung umfasst die Durchführung besonderer Versorgungsaufträge nach § 3 Abs.3 Buchst. d Anl. 9.1, BMVÄ für die definierten Patientengruppen im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1und Nr.2 sowie Abs.2 Nr.3 Nr.4, Nr.5 Anl. 9.1, BMVÄ. Ärztliche Leiter des KfH-Instituts C-Stadt sind u.a. Dr. H. und Dr. N., die die Zulassung des Beigeladenen zu 1. ebenfalls angefochten haben (Az. L 12 KA 71/08, Senatsurteil vom gleichen Tage). Die Versorgungsregion des KfH C-Stadt umfasst auch das Gebiet der Kreisstadt E.

Der Beigeladene zu 1. stellte im Februar 2000 Antrag auf Sonderbedarfszulassung nach Nr.24b Bedarfsplanungsrichtlinien Ärzte (BeplaR) mit Vertragsarztsitz in E. Der Sonderbedarfstatbestand der Nr.24e BeplaR war zum Antragszeitpunkt noch nicht existent.

Nach Ablehnung durch den Zulassungsausschuss kam auch der Beklagte nicht dem Anliegen der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nach Nr.24b BeplaR nach. In seinem Bescheid vom 17. März 2003 unterschied der Beklagte zwischen Leistungen der Dialyseversorgung und weiteren nephrologischen Leistungen. Die Leistungen der Dialyseversorgung würden durch das ermächtigte KfH C-Stadt vollauf gedeckt und seien nur im Rahmen des neu geschaffenen Nr. 24 e BeplaR zu prüfen. Dessen Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Die weiteren nephrologischen Leistungen würden durch die niedergelassenen Internisten weitestgehend gedeckt.

Diese Entscheidung hat der Beigeladene zu 1. zum Sozialgericht München angefochten und dort obsiegt (Urteil vom 17. Januar 2006, S 45 KA 612/03). Die Zulassungsversagung wurde aufgehoben und der Beklagte zur Neuentscheidung verpflichtet. In den Gründen war ausgeführt, dass eine Zulassung nach Nr. 24 e BeplaR in der Tat nicht in Betracht komme. Jedoch sei eine Zulassung nach Nr. 24 b BeplaR erneut zu prüfen.

Erstmals im Neuentscheidungsverfahren sind sowohl das KfH als auch die ärztlichen Leiter des KfH C-Stadt, Dres. H. u. N. am Verfahren beteiligt worden.

Mit dem am 11. August 2006 ausgefertigten Bescheid (Sitzung 18. Juli 2006) ließ der 1. Berufungsausschuss für Ärzte Bayern den Beigeladenen zu 1. nach Nr.24b BeplaR als Internist/Nephrologe für den Vertragsarztsitz B-straße in E. zur Erbringung von Leistungen des Schwerpunktes Nephrologie inklusive Dialyse zu. Man stimme nunmehr dem Sozialgericht zu, dass Dialyseleistungen zur Nephrologie zählten und daher im Rahmen einer Zulassung nach Nr.24b BeplaR auch eine Zulassung zur Dialyse erfolge. Sodann wird ausgeführt, dass ein Bedarf nach den erhobenen Daten zu bejahen sei.

Gegen die nunmehr erfolgte Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und dargelegt, dass diese aus verschiedenen Gründen rechtswidrig sei.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 20. Februar 2008 die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Anl. 9 BMVÄ hat es die Anfechtungsberechtigung des Klägers verneint. Im Übrigen sei ein ermächtigter Leistungserbringer nicht berechtigt, eine Sonderbedarfszulassung anzufechten.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Zusammengefasst wird vorgetragen, dass die Anfechtungsberechtigung sich aus dem Vorrang des eigenen Ermäc...

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