nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Berufsunfähigkeit. Berufsschutz. Floristin
Leitsatz (redaktionell)
Eine gelernte Floristin, die im elterlichen Blumengroßhandel Tätigkeiten ausgeübt hat, für die Kenntnisse und Fertigkeiten im erlernten Beruf erforderlich waren (hier: Bestellungen aufnehmen, Ladungen für den Fahrer zusammenstellen), hat einen Berufsschutz als Floristin. Es handelt sich um eine für das Berufsbild unschädliche Spezialisierung im erlernten Beruf.
Normenkette
SGB VI § 43 Abs. 1, 2 S. 2, § 300 Abs. 2
Verfahrensgang
SG Augsburg (Entscheidung vom 13.09.2000; Aktenzeichen S 12 RJ 703/99) |
Nachgehend
BSG (Aktenzeichen B 13 RJ 259/04 B) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 13. September 2000 sowie der Bescheid der Beklagten vom 30. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt der Klägerin ab 1. August 1996 die gesetzlichen Leistungen wegen Berufsun- fähigkeit zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist noch der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1951 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben vom 01.09.1968 bis 30.08.1971 den Beruf einer Floristin erlernt und diesen anschließend (mit mehreren Unterbrechungen aus verschiedenen Gründen) im Geschäft ihrer Mutter, der Firma E. B. Blumen - Floristen- und Dekorationsbedarf Großhandel (Fa. B.), bis 05.03.1995 ausgeübt (vgl. hierzu die Sitzungsniederschrift vom 26.08.2003). Anschließend hat sie bis 19.10.1996 wegen Krankheit und - ab 23.07.1996 - wegen Arbeitslosigkeit Sozialleistungen bezogen.
Den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vom 30.07.1996 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.04.1997 und Widerspruchsbescheid vom 10.08.1999 ab. Die Versicherte habe keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil sie nicht berufsunfähig im Sinn des § 43 Abs.2 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden alten Fassung - a.F. -) sei; sie sei nämlich vollschichtig leistungsfähig und nach ihrem beruflichen Werdegang als angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs im Sinn des Mehrstufenschemas des BSG auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar. Damit sei sie auch nicht erwerbsunfähig im Sinn des (bis 31.12.2000 in Kraft befindlichen) § 44 Abs.2 SGB VI.
Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte u.a. zahlreichen Befundberichten und medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte der Klägerin, einem arbeitsamtsärztlichen Gutachten Dr. S. vom 20.08.1996 (vollschichtiges Leistungsvermögen für bis mittelschwere Arbeiten), einem Gutachten des Arztes M. B. vom 15.01.1998 (bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten), dem Entlassungsbericht vom 22.10.1998 betreffende ein stationäres Heilverfahren vom 13.08. bis 24.09.1998 in Bad G. (bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtiges Leistungsvermögen für bis mittelschwere Arbeiten) und dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. W. vom 17.12.1998 (vollschichtiges Leistungsvermögen ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit).
Bezüglich des beruflichen Werdegangs der Klägerin stützte sich die Beklagte auf eine Auskunft der Fa. B. vom 03.02.1998, in der es sinngemäß heißt, die Klägerin sei als Floristin in ihrem Berufsbild eingesetzt gewesen, und auf eigene Angaben der Klägerin in einem Schreiben vom (Eingang bei der Beklagten) 12.08. 1997, anläßlich der Anamneseerhebung durch Dr. W. am 17.12.1998 sowie im Zusammenhang mit der Anamneseerhebung bei Frau Dr. P. am 26.11.2001. Die Klägerin trug hier vor, ihren erlernten Beruf bereits seit 17 Jahren nicht mehr ausgeübt zu haben, sondern im Blumengroßhandel ihrer Mutter andere Arbeiten verrichtet zu haben wie Bestellungen aufnehmen, Ladungen für den Fahrer zusammenzustellen; dies habe, außer dass sie Blumen gekannt habe, mit ihrem erlernten Beruf nichts mehr zu tun gehabt.
Mit ihrer Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG), die am 15.09. 1999 bei der Beklagten eingegangen war, verfolgte die Klägerin ihren Rentenanspruch weiter. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.09.2000 ab, nachdem es ihm nicht gelungen war, mit der Klägerin in Verbindung zu treten.
Am 13.11.2000 ging die Berufung der Klägerin gegen diesen ihr am 13.10.2000 zugestellten Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein.
Nach Beiziehung der Rentenakten der Beklagten sowie der Klageakte des SG Augsburg führte der Senat Ermittlungen zur weiteren Abklärung des Berufsbildes der Klägerin sowie zu ihrem Gesundheitszustand und beruflichem Leistungsvermögen durch.
Die Fa. B. teilte dem Senat auf eine entsprechende Anfrage vom 28.12.2000 im Februar 2001 mit, die Inhaberin der Fa. B. (die Mutter der Klägerin)...