Verfahrensgang
SG Nürnberg (Urteil vom 05.12.1995; Aktenzeichen S 5 Ar 264/92) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. Dezember 1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1990 die beantragte Eingliederungshilfe zu gewähren.
II. Die Beklagte hat der Berufungsklägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am … .1937 geborene Beigeladene hat seine im Oktober 1951 begonnene Schlosserlehre mit der Gesellenprüfung abgeschlossen und war immer in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt seit Mai 1958 bei der Klägerin als Mechaniker in der Fachabteilung „Werkstätten U-Bahn”. Ärztlicherseits wurde der Beigeladene – was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist – im Sommer 1990 wegen coronarer Herzkrankheit und Diabetes mellitus nicht mehr für, fähig erachtet, seine, bisherige Tätigkeit weiterhin auszuüben. Zumutbar seien lediglich leichte Arbeiten ohne Schicht. Mit Wirkung ab 02.05.1990 wurde ihm der Schwerbehindertenausweis (Grad der Behinderung 60) ausgestellt.
Am 05.07.1990 beantragte die Klägerin für den Beigeladenen die Gewährung einer Eingliederungshilfe für die Dauer von 6 Monaten in Höhe von 50 % des für die Bemessung maßgeblichen Arbeitsentgeltes. Der Beigeladene werde ab 01.09.1990 als Werkstattschreiber eingearbeitet. Auf das Arbeitsverhältnis finde der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Die Einarbeitung dauere ca. 6 Monate. Die Tätigkeit des Werkstattschreibers bestehe zu 40 % aus Aufgaben der Personalverwaltung, zu 10 % aus kaufmännischen Verwaltungstätigkeiten, zu weiteren 10 % aus der Herstellung von Kundenkontakten, zu 25 % aus Tätigkeiten der Arbeitsvorbereitung für Netzabschaltungen und zu 15 % aus unterstützender Tätigkeit beim Störungsdienst sowie bei der Materialdisposition und der Baustellensicherung.
Der Beigeladene selbst stellte einen Antrag auf berufsfördernde Maßnahmen am 10.09.1990.
Mit Bescheid vom 21.01.1992 lehnte die Beklagte den Antrag des Beigeladenen ab. Er habe sich zwar dem Antrag der Klägerin auf Gewährung von Eingliederungshilfe durch seinen auf dieselbe Leistung gerichteten Reha-Antrag angeschlossen. Wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe anläßlich einer innerbetrieblichen Umsetzung sei aber, daß nur durch sie ein Arbeitsplatz erhalten werden könne. Er sei jedoch seit mehr als 15 Jahren bei der Klägerin beschäftigt und habe bereits das 40. Lebensjahr vollendet, weshalb das Arbeitsverhältnis gem. § 52 Abs. 1 BMT-G II nur noch aus einem wichtigen Grund gekündigt werden könne. Die Fortsetzung eines unkündbaren Arbeitsverhältnisses stelle für den Arbeitgeber keine unzumutbare Belastung dar, solange es ihm möglich sei, den Arbeitnehmer überhaupt in wirtschaftlich sinnvoller Weise zu beschäftigen. Bei unkündbaren Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gelte für die Prüfung des „wichtigen Grundes” ein besonders strenger Maßstab. Seine Kenntnisse als Schlosser seien auch in der jetzigen Tätigkeit des Beigeladenen als Werkstattschreiber von Vorteil, so daß durchaus ein wirtschaftliches Interesse an der Weiterbeschäftigung bestanden habe. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes habe bei einem Unternehmen mit fast 5.000 Mitarbeitern nicht vorgelegen. Die Gewährung von Eingliederungshilfe sei für die Erhaltung des Arbeitsplatzes nicht erforderlich. Das Fehlen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Eingliederungshilfe und Umsetzung werde auch durch die Tatsache belegt, daß in der Vergangenheit, unabhängig von der Entscheidung der Beklagten, Umsetzungen durchgeführt wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin im eigenen Namen unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beigeladenen am 28.02.1992 Widerspruch: Dauernde Unmöglichkeit, die geschuldete. Arbeitsleistung zu erbringen, stelle einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 52 BMT-G II dar. Es sei nicht möglich gewesen, dem Beigeladenen einen Arbeitsplatz anzubieten, der seinen gesundheitlichen Einschränkungen Rechnung getragen hätte und für den die Betriebsausbildung und -erfahrung als Schlosser bzw. Mechaniker Voraussetzung war. Beider Tätigkeit des Werkstattschreibers handele es sich um einen völlig anderen Arbeitsbereich mit andersartigen Arbeitsanforderungen, für den mindestens eine Einarbeitungs- und Anlernphase von 6 Monaten erforderlich gewesen sei. Selbst bei Annahme einer erhöhten Fürsorgepflicht sei sie als Arbeitgeberin zu einer derart aufwendigen Umsetzungsmaßnahme nicht verpflichtet gewesen, habe vielmehr die beantragte Eingliederungshilfe als unabdingbare Voraussetzung der Weiterbeschäftigung des Beigeladenen ansehen dürfen. Es sei auch kein Arbeitsplatz frei gewesen, auf dem der Beigeladene ohne weitere fachliche Voraussetzungen übergangslos hätte weiterbesch...