Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. selbstständiger Künstler. Rentenversicherungsbeiträge. Unterhaltszahlungen. Absetzung bei der Einkommensberechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn selbstständige Künstler Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen müssen, begründet dies beim Bezug von Arbeitslosengeld II keinen Mehrbedarf nach § 21 SGB 2. Die Versicherungsbeiträge können nur vom Einkommen abgezogen werden.
2. Unterhaltszahlungen können nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 7 SGB 2 vom Einkommen abgezogen werden. Wenn Unterhaltszahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten übersteigen, entsteht daraus kein Mehrbedarf nach SGB 2. Der Unterhaltsverpflichtete ist vielmehr gehalten, die Unterhaltsverpflichtung zu reduzieren.
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember .2013 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Abänderung der beiden Bescheide vom 09.04.2013, die den Monat Dezember 2012 betreffen, verurteilt, dem Kläger für den Monat Dezember 2012 um 27,20 Euro höhere Leistungen zuzuerkennen und die Erstattungsforderung entsprechend zu verringern. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit von November 2011 bis Februar 2012. Er macht insbesondere einen Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend wegen Pflichtbeiträgen, die er als Künstler an die gesetzliche Rentenversicherung leisten musste.
Der im Jahr 1977 geborene alleinlebende Kläger beantragte erstmals im August 2011 Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Bereits zum Oktober 2011 schied der Kläger wegen Einkommenserzielung aus dem Leistungsbezug wieder aus. Im November 2012 stellte der Kläger erneut einen Leistungsantrag. Der Kläger war in der strittigen Zeit fortlaufend selbständig als Tontechniker und Musiker erwerbstätig. Über Vermögen verfügte er laut Leistungsantrag nicht, auch nicht über ein Auto.
Für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft hatte er monatlich 250,- Euro Kaltmiete und 50,- Euro an Nebenkosten einschließlich Gasheizung und zentraler Warmwassererzeugung zu bezahlen.
Mit an den Kläger gerichteten Bescheid vom 22.06.2012 setzte die beigeladene B. (KSK) auf der Berechnungsgrundlage eines voraussichtlichen Jahreseinkommens von 20.200,- Euro die Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit ab Juni 2012 fest, darunter 164,97 Euro monatlich für die gesetzliche Rentenversicherung. Am 21.11.2012 teilte der Kläger der KSK ein neues voraussichtliches Jahresarbeitseinkommen von 15.450,- Euro mit. Mit Bescheid der KSK vom 16.01.2013 wurde der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.01.2013 auf monatlich 121,67 Euro festgesetzt. Mit einem weiteren Bescheid der KSK wurde die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG zum 31.03.2013 beendet.
Für seine zwei Kinder (N. geb. 2000 und S. geb. 2002) zahlte der Kläger jeden Monat, nicht jedoch im November 2012, Barunterhalt von 606,- Euro. Die Unterhaltsverpflichtungen waren durch Urkunden des Jugendamts vom 12.06.2012 auf monatlich 334,- Euro für N. bzw. 272,- Euro für S. festgelegt.
Mit Bescheid vom 19.11.2012 wurden vorläufig Leistungen von monatlich 758,04 Euro für November und Dezember 2012 bewilligt. Die Unterkunftskosten wurden in voller Höhe als Bedarf anerkannt. Der Unterhalt wurde als Abzugsposten berücksichtigt. Für die Kranken- und Pflegeversicherung wurden Zuschüsse nach § 26 SGB II bewilligt.
Mit Änderungsbescheid vom 12.12.2012 wurden für die Monate November und Dezember 2012 wegen Pflichtversicherung die Zuschüsse nach § 26 SGB II gestrichen und das Alg II auf jeweils 603,60 Euro festgesetzt und wiederum vorläufig bewilligt.
Mit Bescheid vom 07.01.2013 wurden für Januar und Februar 2012 jeweils vorläufig 682,- Euro an Alg II bewilligt, davon 382,- Euro für den Regelbedarf und 300,- Euro für die Unterkunft.
Mit Schreiben vom 15.01.2013 stellte der Kläger im Januar 2013 beim Beklagten einen Antrag auf Mehrbedarf. Er müsse für die Rentenversicherung pro Monat 150,- Euro an die B. bezahlen. Außerdem benötige er monatlich 50,- Euro für Fahrtkosten wegen der Arbeit und 292,- Euro für den Steuerberater, der die Steuererklärung für 2011 erstellen solle.
Mit Bescheid vom 21.01.2013 lehnte der Beklagte einmalige Beihilfen für Fahrtkosten und Steuerberaterkosten ab. Diese könnten nur als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Auch die Gewährung eines Mehrbedarfs für die Rentenversicherungsbeiträge wurde abgelehnt.
Mit Schreiben vom 15.02.2012 widersprach der Kläger der Ablehnung der Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge. Er müsse Rentenversicherungsbeiträge bezahlen, erhalte dafür aber keine Leistungen des Beklagten. Die Gesetze seien fehlerhaft und würden ihn in den Ruin treiben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2013 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zum 01.01.2011 seie...