Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessvollmacht. Hinweis

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein von einem Vertreter ohne Vollmacht eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig.

 

Normenkette

SGG § 73

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.06.2003 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf bayerisches Landeserziehungsgeld.

Die 1975 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie lebt seit ihrer Geburt in H. in Bayern, sie ist verheiratet und familienversichert bei der AOK. 1996 brachte sie die Tochter Z. zur Welt. Sie lebte mit ihrer Tochter, für die ihr die Personensorge oblag, in deren ersten Lebensjahren in einem Haushalt, betreute und erzog das Kind und übte daneben keine Erwerbstätigkeit aus.

Vom 16.05.1996 bis 15.05.1998 bezog sie für Z. Bundeserziehungsgeld.

Am 27.04.2002 beantragte sie bayerisches Landeserziehungsgeld. Das Amt für Versorgung und Familienförderung B. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19.12.2002 ab. Der Zeitraum für einen Anspruch auf bayerisches Landeserziehungsgeld erstrecke sich nach Art.3 Abs.1 BayLErzGG auf die sich an den gesetzlichen Bezugszeitraum für das Bundeserziehungsgeld anschließenden weiteren zwölf Lebensmonate des Kindes, bei der Z. also vom 16.05.1998 bis 15.05.1999. Der Antrag auf bayerisches Landeserziehungsgeld wirke nach Art.3 Abs.2 BayLErzGG höchstens sechs Monate zurück. Der Antragstellerin stehe schon deswegen kein Anspruch auf Landeserziehungsgeld für die Z. zu, da sie den Antrag nicht innerhalb der sechs Folgemonate seit dem 15.05.1999 gestellt habe. Die Klägerin erhob am 20.01.2003 durch Rechtsanwalt Dr. Dr. D., B., Widerspruch. Der Antrag auf Landeserziehungsgeld sei verspätet gestellt worden, da der Antragstellerin mitgeteilt worden sei, Landeserziehungsgeld gebe es nur für deutsche Staatsangehörige. Dem war eine am 03.01.2003 auf Rechtsanwalt Dr. Dr. D. ausgestellte Formularvollmacht zur Prozessführung und Vertretung in Zivil- und Strafsachen aller Art für die Y. und auch deren Ehemann beigelegt mit handschriftlicher Hinzufügung: "Landeserziehungsgeld". Das Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2003 als unbegründet zurück. Auch unter Beachtung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.05.1999 Az.: C-262/96 (zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Art.3 Abs.1 der Nr.3/80 des Assoziationsratsbeschlusses vom 19.09.1980) und des Urteils des Bundessozialgerichts vom 29.01.2002 Az.: B 10 EG 2/01 R - (zum bayerischen Landeserziehungsgeld als "Familienleistung"), könne die Widerspruchsführerin schon wegen Versäumens der Antragsfrist nach Art.3 Abs.2 BayLErzGG keinen Anspruch auf Landeserziehungsgeld haben. Dem rechtzeitigen Antrag nach dieser Vorschrift komme nämlich der Charakter einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist zu.

Dagegen erhob Rechtsanwalt Dr. Dr. D. "in Sachen der F. Y." gegen "Bayerisches Landesamt für Versorgung und Familienförderung, B." wegen Landeserziehungsgeld "namens und in Vollmacht der Klägerin" Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth. Ein bloßes Versäumen der Antragsfrist könne der Klägerin schon aus sozialen Gründen nicht entgegengehalten werden. Sonst würden die eher unbedarften Eltern benachteiligt.

Das SG forderte Rechtsanwalt Dr. Dr. D. mit Schreiben vom 10.04.2003 dazu auf, bis spätestens 09.05.2003 eine schriftliche Vollmacht im Original zu übersenden.

Mit Schreiben vom 14.05.2003 forderte das SG den Rechtsanwalt Dr. Dr. D. ein weiteres Mal dazu auf, dem Gericht eine schriftliche Prozessvollmacht im Original zu übersenden. Es erläuterte ausführlich deren Bedeutung im sozialgerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 13.12.2000 (Az.: B 6 KA 29/00 B in SozR 3-1500 § 73 Nr.9). Soweit die demnach erforderliche Original-Vollmacht nicht vorgelegt werde, müsse das Gericht den Prozessbevollmächtigten zurückweisen bzw. eine Prozessentscheidung treffen. Zur Vorlage der immer noch fehlenden Prozessvollmacht werde nunmehr eine Frist bis spätestens 30. Mai 2003 gesetzt. Zugleich wies das SG darauf hin, dass es den Erlass eines Gerichtsbescheides gemäß § 105 SGG beabsichtige, da die Sach- und Rechtslage geklärt und einfach gelagert sei.

Das Schreiben des SG vom 14.05.2003 wurde Rechtsanwalt Dr. Dr. D. laut PZU am 16.05.2003 durch Niederlegung zugestellt.

Der Klägerin wurde am 14.05.2003 ein Abdruck des gerichtlichen Schreibens vom 14.05.2003 zugestellt, dessen Empfang sie am 16.05.2003 handschriftlich bestätigte.

Äußerungen des Rechtsanwalts Dr. Dr. D. oder auch der Klägerin erfolgten nicht.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.06.2003 als unzulässig ab. Die form- und fristgerecht eingelegte Klage sei mangels Vollmacht des Bevollmächtigten als unzulässig abzuweisen. In diesem Zusammenhang hat das SG ausführlich die Folgen des Einlegens eines Rechtsmittels durch einen Vertret...

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