Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenzahnärztliche Vereinigung. Honorarbescheid. Berichtigung. Honorarrückforderung. Mehrfachabrechnung von Wurzelspitzenresektionen. Aufrechnung gegen laufenden Honoraranspruch. Vertrauensschutz
Orientierungssatz
Eine Kassenzahnärztliche Vereinigung ist berechtigt den Honorarbescheid eines Vertragszahnarztes hinsichtlich der Mehrfachabrechnung von Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Seitenzähnen bei Patienten in derselben Sitzung zu berichtigen und den überzahlten Betrag zurückfordern bzw gegen den laufenden Honoraranspruch aufzurechnen. Dem stehen Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht - auch nicht aus vorausgegangener Berichtigung - entgegen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.11.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung des 2. Quartals 1997 wegen des mehrfachen Ansatzes von Leistungen nach der Nr. 54 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) im Primärkassenbereich bzw. der Anlage 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich (nachfolgend nur Bema-Nr. 54).
Der Kläger ist Zahnarzt und Oralchirurg in L und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 15.11.1999 teilte ihm die beklagte kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) mit, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05.1998 (SozR 3-5555 § 10 Nr.1) eine Wurzelspitzenresektion entsprechend der Bema-Nr. 54 nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar sei. Sie werde daher die Berichtigung solcher Fälle des 2. Quartals 1997 zum Ende des 4. Quartals 1999 durchführen. Der rück zu belastende Betrag belaufe sich auf 5.838,91 DM und werde am 21.12.1999 von seinem Honorarkonto abgebucht werden.
Dagegen ließ der Kläger am 22.11.1999 durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen mit der Begründung, eine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Korrektur der gemäß Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen existiere nicht. Zudem fehle es an formgültigen Anträgen der Kassen. Im Jahr 1997 habe es der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprochen, Wurzelspitzenresektionen je Wurzel abzurechnen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.05.1998 nur zur Bema-Nr. 54 b und nicht zur Nr. 54 c entschieden.
Am 06.12.1999 erteilte die Beklagte dem Kläger einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid, in dem sie die Berichtigung aufrechterhielt. Sie habe diese aufgrund fristgerechter Anträge der Kassen bzw. derer Verbände von Amts wegen durchzuführen. Innerhalb der hier geltenden, nicht abgelaufenen "Verjährungsfrist" von vier Jahren könne Honorar zurückgefordert werden; Vertrauensschutz bestehe nur für Zeiträume davor. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
In der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigungen vom 22.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 sei die Abrechnung der Bema-Nr. 54 b nur einmal je Zahn möglich, auch wenn mehrere Wurzelspitzen in derselben Sitzung reseziert werden. Soweit sich der Kläger auf Vertrauensschutz entsprechend § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) berufe, stünden die Urteile des BSG vom 10.05.1995 - 6 RKA 30/94 und 16.09.1998 - 6 R KA 40/98 entgegen. Danach finde § 45 SGB X im Bereich des Vertrags(zahn)arztrechts keine Anwendung. Ob und in welchem Umfang der Abrechnende auf die Richtigkeit der Abrechnung vertraut habe, sei nicht erheblich. Es komme allein darauf an, ob die Abrechnung vertragsgemäß gewesen sei. Dies habe das BSG bezüglich der Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b ausdrücklich verneint; für die Nr. 54 c gelte nichts anderes. Die quartalsmäßigen Honorarzahlungen seien ohnehin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) vorläufig und bedürften daher keines weiteren Vorbehalts. Den Beschluss der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigung vom 22.03.2000 gab die Beklagte dem Kläger am 13.04.2000 bekannt.
Dagegen hat der Kläger am 11.05.2000 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 06.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die gemäß der Bema-Nr. 54 b und c abgerechneten Leistungen zu vergüten. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, das Urteil des BSG vom 13.05.1998 stelle eine Änderung der Rechtsprechung dar und könne nur für die Zukunft wirken. In seiner Entscheidung vom 17.09.1997 zur - rückwirkenden - Änderung des EBM im Jahre 1996 (BSGE 81, 86) habe das BSG sehr wohl deutlich gemacht, dass eine Rückwirkung unzulässig sei. Außerdem habe die Beklagte im 2. Quartal 1997 bereits eine sachlich-rech...