rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 15.03.1999; Aktenzeichen S 9 KG 72/98) |
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.-
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Kindergeldanspruch für das am 1994 geborene nichteheliche Kind L. für die Zeit vom 01.04.1998 bis 31.12.1999.
Die im Jahre 1993 geschiedene und im Jahre 1997 wieder verheiratete Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, bezog von der Beklagten - bereits vor dem 01.01.1996 - Kindergeld für das weder vom ersten noch vom zweiten Ehemann stammende Kind L ... Sie wurde für die Zeit ab 01.10.1997 beim Deutschen Entwicklungsdienst gemeinnützige Gesellschaft mbH (DED), Berlin, eingestellt und ist für diesen ab 01.04.1998 in Namibia, Afrika, als Entwicklungshelferin tätig.
Bei einem wohnsitzbedingten Wechsel des Arbeitsamts - Kindergeldkasse - übersandte sie der Beklagten das am 11.10.1997 ausgefüllte Formular "Antrag auf Kindergeld". Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.11.1997 entschied das Arbeitsamt Nürnberg, dass dem "Antrag auf Kindergeld vom 11.10.1997" nicht entsprochen werden könne, weil zwar die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 Bundeskindergeldgesetz neue Fassung (BKGG n.F.) erfüllt seien, aber nach den vorliegenden Unterlagen dem leiblichen Vater (Herrn F.) des Kindes L. ein Kinderfreibetrag nach dem Einkommensteuergesetz zustehe (Rechtsmittelbelehrung: Widerspruch).
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe weiterhin einen Anspruch gemäß § 1 Abs.1 Nr.2, § 3 Abs.2 BKGG n.F., weil das Kind in ihrem Haushalt lebe und mit ihr nach Afrika ausreisen werde; im Falle der Ablehnung werde vorsorglich das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) beantragt.
Mit weiterem Bescheid vom 06.03.1998 entschied das Arbeitsamt Nürnberg, dem Widerspruch werde insoweit stattgegeben, als bis März 1998 ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG zuerkannt werde, weil die Klägerin bis dahin einen Wohnsitz in der BRD gehabt habe. Dieser Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) "Verfahrensgegenstand". Der (zweite) Ehegatte der Klägerin "rügte" am 11.03.1998 telefonisch diese Entscheidung. Die Klägerin legte im Oktober 1998 erneut "Widerspruch" ein und machte einen Anspruch auf Kindergeld für die Zeit ab 01.04.1998 geltend, weil sie alleine sorgeberechtigt für L. sei, das Kind in ihrem (ausländischen) Haushalt lebe und keinerlei Kontakt zu dem leiblichen Vater bestehe.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den "Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.11.1997" mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.1998 mit folgendem Ausspruch zurück: 1. Ein Kindergeldanspruch nach dem Einkommensteuergesetz wird bis März 1998 anerkannt. 2. Im Übrigen wird der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. 3. Im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen können zu 1/10 erstattet werden. Zur Begründung wurde angegeben, dass gemäß § 2 Abs.4 BKGG Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG Kindergeld oder Kinderfreibetrag zustehe, nicht berücksichtigt würden. Der Kindsvater, nicht aber die Klägerin, habe einen Wohnsitz in der BRD, sei deswegen unbeschränkt steuerpflichtig und habe Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG; für die Anwendung der Konkurrenzvorschrift des § 2 Abs.4 BKGG sei es unschädlich, ob der nach dem EStG Anspruchsberechtigte das Kindergeld selbst erhalte; der Anspruchsausschluss trete vielmehr auch ein, wenn dieser Elternteil kein Kindergeld beantragt habe (Rechtsmittelbelehrung: Klage beim Sozialgericht Nürnberg).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 11.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie Kindergeld für den Sohn L. ab 01.04.1998 nach den Vorschriften des BKGG zu bezahlen. Sie hielt § 1 Abs.1 Nr.2, § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F. für einschlägig und § 2 Abs.4 BKGG n.F. für unanwendbar. Es müsse wegen des besonderen Berufsbilds des Entwicklungshelfers das "Obhutsprinzip" auch bei Aufenthalt im Ausland gelten; es gehe nicht an, dass dem leiblichen Vater des Kindes bei Auslandstätigkeit der Mutter das Kindergeld bzw. der Kinderfreibetrag zuwachse. Es bestehe ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz insoweit, als im Ausland tätige Entwicklungshelfer-Ehepaare das Kindergeld beziehen könnten, ebenso der im Inland zurückgebliebene sorgeberechtigte Elternteil. Außerdem müsse Art.6 des Grundgesetzes (GG) geprüft werden, weil die ausreisenden Entwicklungshelfer (sinngemäß: unter Zugrundelegung derselben Familienverhältnisse wie bei der Klägerin) zum Erhalt des Kindergelds gezwungen sein würden, das Kind im Inland zu belassen. Es sei willkürlich, wenn im Falle der Klägerin dem leiblichen Vater nur der Kinderfreibetrag, der eventuell nicht ausgeschöpft werden könne...