Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigterklärung. Fortsetzung des Verfahrens. Wiederaufnahme. Anfechtung. Widerruf
Leitsatz (redaktionell)
1. Als Prozesshandlung ist die einseitige Erledigterklärung im Sinn einer den Verlust des Rechtsmittels bewirkende Rücknahme auszulegen.
2. Die einseitige Erledigterklärung kann weder entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) angefochten noch widerrufen werden.
Normenkette
SGG §§ 156, 179
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 10 AL 394/06 durch Erledigterklärung der Klägerin vom 21.05.2007 beendet ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Berufungsverfahren L 10 AL 394/06 durch die Erledigterklärung der Klägerin in der nichtöffentlichen Sitzung des Gerichts vom 21.05.2007 beendet worden ist. Im Berufungsverfahren L 10 AL 394/06 war die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 04.07.2002 bis 05.09.2002 streitig.
Die Klägerin war vom 01.06.1967 bis 27.02.2002 als Sekretärin bei der Diakonie N. beschäftigt. Am 28.02.2002 meldete sich die Klägerin arbeitslos. Ihr Arbeitsverhältnis bei der Diakonie N. sei durch den Arbeitgeber fristlos gekündigt worden. Am 04.07.2002 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass sie den Arbeitsgerichtsprozess gewonnen habe und die Kündigung ihres Arbeitgebers als nicht ausgesprochen gelte. Ihr Arbeitgeber müsse bis zum Rentenbeginn Bezüge zahlen. Arbeitslosigkeit trete nicht ein. Sie wolle abgemeldet werden. Mit Urteil des Arbeitsgerichts N. vom 25.06.2002 (Az: 3 Ca 2075/02 A) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die schriftliche außerordentliche Kündigung der Beklagten (= Diakonie N.) vom 27.02.2002 nicht aufgelöst worden sei.
Am 06.09.2002 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Zur Begründung trug sie vor, dass ihr Arbeitgeber die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht akzeptiert habe. Die Abmeldung ab 04.07.2002 sei ein Irrtum gewesen. Mit Bescheid vom 20.09.2002 bewilligte die Beklagte unter vorläufiger Annahme einer Sperrzeit Alg ab 23.05.2002 bis zur Abmeldung am 04.07.2002. Am 25.09.2002 bewilligte die Beklagte darüber hinaus für die Zeit ab 06.09.2002 Alg.
Mit Bescheid vom 07.11.2003 gewährte die Deutsche Rentenversicherung Bund (ehemals Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) der Klägerin Altersrente für Frauen ab 01.10.2003.
Am 05.07.2005 schlossen die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht N. (2 Sa 552/02) einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Arbeitgeberin auf Veranlassung der Arbeitgeberin zum 28.02.2002 geendet hat. Mit Schreiben vom 11.07.2005 übersandte die Klägerin der Beklagten die Niederschrift des Landesarbeitsgerichts N. und machte die Erstattung von Alg für die nicht bezahlten Monate aus dem Jahr 2002 geltend. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 09.08.2005 Alg vom 28.02.2002 bis 22.05.2002. Mit Schriftsatz vom 19.08.2005 beantragte die Klägerin die Auszahlung des Alg auch für den Zeitraum vom 04.07.2002 bis 05.09.2002, was von der Beklagten als Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.08.2005 gewertet wurde, den sie mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2005 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.11.2005 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Aufgrund des ersten Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.06.2002 habe sie nichts anderes annehmen können, als dass der Arbeitgeber ihre Gehaltszahlungen fortzusetzen habe. So habe sie sich nach Erhalt des ersten Endurteils bei der Beklagten mit obiger Begründung abgemeldet. Sie habe nicht absehen können, dass ihr Arbeitgeber noch Berufung einlege.
Mit Urteil vom 08.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Für den Zeitraum vom 04.07.2002 bis 05.09.2002 sei die Klägerin aufgrund ihrer Abmeldung und noch nicht wieder erfolgter Arbeitslosmeldung für die Arbeitsvermittlung nicht verfügbar gewesen und habe daher für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Alg gehabt.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.12.2006 Berufung eingelegt (Az: L 10 AL 394/06). Der Wortlaut im Urteil vom 08.11.2006 "... hat die Klägerin am 04.07.2002 telefonisch mitgeteilt, dass der Arbeitgeber zur Arbeitsentgeltzahlung bis zum Rentenbezug durch das Urteil des Arbeitsgerichts verpflichtet worden wäre ..." stamme nicht von ihr. Vielleicht hätte die Beklagte ihr einen freundlichen Hinweis geben oder zumindest eine Nachfrage stellen können. Tatsache sei, dass sie der Beklagten gemeldet habe, dass gegen das erste Urteil Berufung eingelegt worden sei und sie infolgedessen keine Gehaltsbezüge bekommen habe, also vom 04.07.2002 ab. Sie sei nicht erneut arbeitslos gewesen, sondern durchwegs. In der nichtöffentlichen Sitzung des Gerichts vom 21.05.2007 hat das Gericht die Klägerin befragt. Anschließend hat die Klägerin das Berufungsverfahren für erledigt erklärt. Diese Erklärung ist lt. Sitzungsniederschri...