Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Verweisbarkeit eines Angelernten im Rentenrecht
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verweisbarkeit eines Versicherten, der der Berufsgruppe der Angelernten (oberer Bereich) zuzuordnen ist, auf Tätigkeiten als Pförtner an der Nebenpforte und Registrator.
Normenkette
SGB VI § 240 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 43 Abs. 1; Verordnung über die Berufsausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer § 2
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 geborene Kläger hat von August 1970 bis Februar 1974 den Beruf des Landmaschinenmechanikers erlernt. Er war dann zunächst für einen Monat im erlernten Beruf, nach Absolvierung des Wehrdienstes von Juli 1975 bis Februar 1980 als Sanitär-/Heizungsmonteur, von März 1980 bis Januar 1992 als Baufacharbeiter/Maschinist und zuletzt von Januar 1992 bis Februar 2006 als Radialbohrer bei der Firma E.-Werke versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er bis zu seiner Inhaftierung am 6. Juli 2006 arbeitslos.
Der Kläger begehrte erstmals mit Antrag vom 20. Oktober 2005 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. In seinem Antrag wies er auf eine Behandlung im Bezirkskrankenhaus K. vom März 2004 bis Januar 2005 aufgrund Depressionen und einer Alkoholabhängigkeit hin. Die Beklagte holte ein Gutachten des Facharztes für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. G. vom 10. Januar 2006 ein, der eine deutliche Schulterfunktionsstörung rechtsbetont bei Schädigung des Sehnensspiegels, eine vorbeschriebene Persönlichkeitsstörung mit verminderter Konfliktfähigkeit, vormals zusammenwirkend mit schädlichem Gebrauch von Alkohol, einen Bluthochdruck sowie Übergewicht feststellte. Der Kläger sei noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie als Metallfacharbeiter 6 Stunden täglich und mehr leistungsfähig. Die Durchführung von Maßnahmen der stationären Rehabilitation wurde empfohlen. Der Antrag wurde dann mit Bescheid vom 19. Januar 2006 abgelehnt.
Mit Antrag vom 29. Mai 2006 begehrte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese holte ein allgemeinmedizinisches Gutachten von Dr. L. ein. Dieser stellte eine mäßige Belastungs- und Kraftminderung an der rechten Schulter durch Schädigung der Schulterdrehmanschette rechts mit Zustand nach Dekompressionsoperation Mai 2005, geringe Schulterenge links, wiederkehrende Rücken-/Beinschmerzen links (Lumboischialgie) ohne Bewegungseinschränkung oder akute Nervenwurzelreizsymptomatik, eine vorbeschriebene Persönlichkeitsstörung mit verminderter Konfliktfähigkeit und Neigung zu depressiven Verstimmungszuständen, einen unbehandelten Bluthochdruck sowie mäßiges Übergewicht fest. Auch er bescheinigte dem Kläger noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für Tätigkeiten als CNC-Fräser und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft der Firma E.-Werke vom 8. Juni 2006 ein. Daraus geht hervor, dass die vom Kläger verrichtete Tätigkeit als Radialbohrer im allgemeinen von Facharbeitern mit einer Ausbildungsdauer von 3,5 Jahren verrichtet würden. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 14. November 2006 ab. Der Kläger sei noch in der Lage, 6 Stunden täglich Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. H. vom 3. Mai 2007 ein. Dieser stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Chronische Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig abstinent, aber in beschützender Umgebung.
2. Undifferenzierte Somatisierungsstörung.
3. Lumbalsyndrom ohne schwerwiegende Funktionseinschränkung mit Verdacht auf diskrete Irritation der Wurzel L 5 links.
Der Kläger könne noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Fabrikarbeiter mehr als 6 Stunden täglich bis zu mittelschwere Arbeiten verrichten.
Der sozialmedizinische Dienst der Beklagte stellte daraufhin fest, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch über 6 Stunden täglich, als Radialbohrer allenfalls 3 bis unter 6 Stunden möglich.
Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte die Firma G.-Werke mit, die Tätigkeit des Radialbohrers setze keine Ausbildung als Zerspanungs- oder Industriemechaniker voraus. Mechanische Kenntnisse, wie sie etwa durch eine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker erworben würden, seien ausreichend. Der Abschluss als Landmaschinenmechaniker sei deshalb Grundlage für die Einstellung gewesen. Der Kläger sei in Lohngruppe 7 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifs der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (Facharbeiter) eingestuft gewesen. Die Anlernzeit eines fachfremden Mitarbeiters hätte ca. sechs Monate gedauert. Von Januar 1992 bis 30. April 1995 sei der Kläger in die Lohngruppe 6 eingestuft...