nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 01.10.2002; Aktenzeichen S 29 EG 157/02) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzg) für den 16. mit 21. Lebensmonat (13.11.1990 mit 12.05.1991) ihrer Tochter E. streitig.
I.
Die am 1968 geborene Klägerin, eine verheiratete türkische Staatsangehörige, ist die Mutter des am 1989 in F. geborenen Kindes. Sie lebte seither mit diesem und ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt, betreute und erzog E. und übte daneben keine Erwerbstätigkeit aus. Sie war bei der BKK München familienversichert. Unterlagen des Beklagten über den Bezug von BErzg für den 1. mit 15. Lebensmonat des Kindes liegen nicht mehr vor.
Der am 19.02.2002 gestellte Antrag auf Bewilligung von LErzg wurde durch Bescheid vom 04.06.2002 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 04.05.1999, C 262/96, könnten Ansprüche auf Leistungen für Zeiträume vor dem Erlass dieses Urteils nicht geltend gemacht werden. Der Leistungszeitraum für das am 1989 geborene Kind hätte spätestens am 12.05.1991 geendet, so dass LErzg nicht gewährt werden könne. Der hiergegen erhobene Rechtsbehelf, mit dem unter anderem geltend gemacht wurde, es sei nicht zulässig, gesetzlich zustehende Ansprüche erst ab 1999 zu gewähren, denn der Ausschluss türkischer Staatsangehöriger verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des einschlägigen Assoziationsabkommens, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05.07.2002).
II.
Das angerufene Sozialgericht (SG) München wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 01.10.2002 im Wesentlichen mit der Begründung ab, zwar könnten nach dem Urteil des EuGH vom 04.05.1999 neben Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union auch türkische Staatsangehörige LErzg erhalten, wenn sie in den persönlichen Anwendungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates (ARB Nr. 3/80) vom 19.09.1980 fallen. Jedoch könne die Klägerin daraus keine Rechte herleiten. Denn der EuGH habe Ansprüche auf Leistungen für die Zeit nach dem Erlass seiner Entscheidung vom 04.05.1999 beschränkt und eine Ausnahme hierfür nur zugelassen, wenn vor diesem Zeitpunkt bereits eine Klage erhoben oder ein gleichwertiger Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Außerdem seien Anhaltspunkte dafür nicht ersichtlich, dass der Beklagte das Recht der Klägerin verhindert habe, einen Leistungsantrag zu stellen. Es sei auf den Zugang eines Antrags abzustellen, der nicht verhindert werden könne. Einer gesonderten Entscheidung über die Annahme des Antrags bedürfe es nicht. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen einer falschen Beratung durch den Beklagten nicht gegeben.
III.
Mit der rechtzeitig zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung wendet die Klägerin im Wesentlichen ein, die landesrechtliche Vorschrift des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 des Bayer. Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG) verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art.3 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 3/80, welches unmittelbar auf alle Geburten nach dem 01.07.1989 Anwendung finde. Ungeachtet dessen sei die Klägerin als türkische Antragstellerin durch falsche Informationen daran gehindert worden, einen Antrag zu stellen. Die Abgabe der ausgefüllten Anträge sei verweigert worden. Insoweit habe sie die Voraussetzungen des gerichtlichen Vorverfahrens sowie der Klageerhebung nicht erfüllen können. Es sei ihr also die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beklagte verweist unter anderem darauf, dass der EuGH in seiner "S."-Entscheidung die Rückwirkung ausdrücklich auf hier nicht einschlägige Fallgestaltungen beschränkt habe. Außerdem liege ein ihm zurechenbares pflichtwidriges Verhalten nicht vor.
Der Senat hat neben der Erziehungsgeldakte des Beklagten die Streitakte des ersten Rechtszuges beigezogen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter erklärt.
Die Klägerin stellt den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 01.10. 2002 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 05.07.2002 zu verurteilen, ihr für die am 1989 geborene Tochter E. Landeserziehungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 01.10.2002 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Erzg-Akte Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 30.06. 2003. -
Entscheidungsgründe
Die mangels Vorliegens eine...