nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 07.10.2002; Aktenzeichen S 29 EG 158/02)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzg) für den 25. mit 30. Lebensmonat (11.08.1995 mit 10.02.1996) ihrer Tochter S. streitig.

I.

Die am 1960 geborene Klägerin, eine verheiratete türkische Staatsangehörige, welche seit 15.03.1993 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, ist die Mutter des am 1993 geborenen Kindes sowie der am 1983 geborenen T. und des am 1988 geborenen M ... Sie lebt seither mit diesen und ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt, betreut und erzieht S. und übt daneben keine Erwerbstätigkeit aus. Sie ist bei der Betriebskrankenkasse der Deutschen Post familienversichert. Durch Bescheide der Familienkasse beim Amt für Versorgung und Familienförderung München I vom 24.09.1993 und 24.01.1994 erhielt sie für den 1. mit 12. Lebensmonat sowie durch weiteren Bescheid vom 06.07.1994 für den 13. mit 24. Lebensmonat Bundeserziehungsgeld (BErzg) jeweils in Höhe von DM 600,00 monatlich.

Der am 15.02.2002 gestellte Antrag auf Bewilligung von LErzg wurde durch Bescheid vom 22.05.2002 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, aufgrund der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 04.05.1999, C 262/96, könnten Ansprüche auf Leistungen für Zeiträume vor Erlass dieses Urteils nicht geltend gemacht werden. Der Leistungszeitraum für das am 11.08.1993 geborene Kind hätte spätestens am 10.02.1996 geendet, so dass LErzg nicht gewährt werden könne. Der hiergegen erhobene Rechtsbehelf, mit dem unter anderem geltend gemacht wurde, die Klägerin und ihr Ehemann, welche inzwischen deutsche Staatsangehörige geworden seien, hätten im Anspruchszeitraum eine Aufenthaltsberechtigung besessen, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.07.2002).

II.

Das angerufene Sozialgericht (SG) München wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 07.10.2002 im Wesentlichen mit der Begründung ab, zwar könnten nach dem Urteil des EuGH vom 04.05.1999 neben Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auch türkische Staatsangehörige LErzg erhalten, wenn sie in den persönlichen Anwendungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates (ARB Nr. 3/80) vom 19.09.1980 fallen. Jedoch könne die Klägerin daraus keine Rechte herleiten. Denn der EuGH habe im Rahmen seiner Kompetenzen verbindlich für die nationalen Gerichte Ansprüche auf Leistungen für die Zeit nach dem Erlass seiner Entscheidung vom 04.05.1999 beschränkt und eine Ausnahme hierfür nur zugelassen, wenn vor diesem Zeitpunkt bereits eine Klage erhoben oder ein gleichwertiger Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Außerdem seien Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Antragsrechts der Klägerin oder eine falsche Auskunft bzw. Beratung durch den Beklagten vor dem 04.05.1999 nicht ersichtlich.

III.

Mit der rechtzeitig zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung wendet die Klägerin sinngemäß ein, die landesrechtliche Vorschrift des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 des Bayer. Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG) verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art.3 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 3/80, welches unmittelbar auf alle Geburten nach dem 01.07.1989 Anwendung finde. Ungeachtet dessen sei türkischen Antragstellern in der Regel bei persönlichen Vorsprachen mündlich bedeutet worden, aufgrund der Staatsangehörigkeit bestehe kein Anspruch auf LErzg. Es mache daher keinen Sinn, einen Antrag zu stellen. Somit sei der Klägerin die Möglichkeit genommen worden, einen Antrag zu stellen und gegen einen etwaigen Bescheid vorzugehen. Zumindest hätte eine Aufklärung dahingehend erfolgen müssen, dass bereits mehrere Verfahren unter anderem vor dem EuGH anhängig gewesen seien. Im Übrigen sei die zeitliche Beschränkung im Urteil des EuGH vom 04.05.1999, auf die sich das SG beziehe, nicht gerechtfertigt.

Der Senat hat neben der Erziehungsgeldakte des Beklagten die Streitakte des ersten Rechtszuges beigezogen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter erklärt.

Die Klägerin stellt den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 07.10. 2002 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 09.07.2002 zu verurteilen, ihr für das am 11.08.1993 geborene Kind Sevcan Landeserziehungsgeld zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 07.10.2002 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge